Martinigansl

Wenn der Heurige den alten Wein ablöst und der Fasching offiziell beginnt, ist der Feiertag des Heiligen Martin an der Reihe. Ob er von den Gänsen an die Römer verraten wurde oder nicht – für Gänse brechen traurige Zeiten an. Am 11. 11. ist, wie jedes Jahr, der Todestag vieler unschuldiger Gänse, der Vogel ist in fast aller Munde. Egal ob nur darüber geredet wird, oder ob sie, begleitet von Rotkraut und Knödeln, auf dem Teller landet. Ich hoffe nur, das die meisten Vögel wenigstens nicht umsonst gestorben sind und perfekt gebraten werden.

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Alle Jahre wieder verwandeln sich auch heute tausende, ehemals schnatternde, weiße Gänse innerhalb von einigen Sunden in einen goldbraun gebratenen, schmackhaften Festtagsbraten. Dann landen sie herrlich duftend auf unseren Tellern um sich dann bei vielen Genießern ins winterlichen Hüftgold zu verwandeln. Kalorienarm ist das Fleisch dieser Vögel nämlich nicht. Mit 343 Kilokalorien pro 100 Gramm fallen die Martinigänse nicht gerade in die Kategorie „light“. Lasst es euch trotzdem schmecken!

Die gebratene Gans gehört zum Martinstag wie die singenden Kinder mit ihren hell flackernden Laternen beim Laterndlfest in den Abendstunden dieses Novembertages. „Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir. Da oben leuchten die Sterne und unten da leuchten wir. Mein Licht ist aus, ich geh nach Haus ra bimmel ra bammel ra bum!“

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Die Martinigans ist übrigens keine Erfindung der Gastwirte und Köche. Der köstliche Braten hat schon eine Jahrhunderte lange Tradition hinter sich. Alte Schriften, die aus dem Jahr 1171 stammen, belegen das. Damals wurde sie erstmals urkundlich erwähnt. Es ging dabei allerdings nicht um den Genuss und den Gaumenkitzel für Feinschmecker sondern hatte einen ganz einfachen, wirtschaftlichen Hintergrund.

Am Namenstag des Heiligen Martin endete in vergangenen Zeit das bäuerliche Arbeitsjahr. Knechte und Mägde konnten ihre Stelle wechseln. Der Pachtzins war fällig, neues Vieh wurde gekauft, die Ernte war eingebracht und der Wein gekeltert. Die Landarbeiter wurden für ihre Arbeit ausbezahlt, an diesem Tage erhielten sie ihren Lohn und als Draufgabe gab es hin und wieder eine fette Gans. Im langen, kalten Winter musste die Geflügelschar so klein wie möglich gehalten werden. Für sie gab es weder genug Futter noch war der Platz im Stall für das liebe Federvieh vorhanden.

Mit dem Martinstag kündigt sich die dunkle Winterzeit an und in alten Zeiten begann mit diesem Tag das vierzig Tage dauernde Weihnachtsfasten. Gleichzeitig mussten auch die Abgaben an Zinsen und Pacht bezahlt werden. Viele Bauern leisteten ihre Abgaben nicht mit Bargeld sondern mit einer Kuh, einem Schwein oder einer Gans. Die Feldarbeit war beendet, die Tiere wurden von der Weide in den Stall geholt und mit den Gänsen wurde sozusagen der Sommer geschlachtet. Weil die Gänse oft vorher geschlachtet wurden, um dem Bauern einen fetten Gänsebraten zu servieren wurden diese Gänse nach dem Namen des Tages, also Martinsgans genannt. Passend zur knusprigen Delikatesse löste auch der Heurige den alten Wein in den Gläsern ab. Zeitlich perfekt abgestimmt, oder?

Auf Teneriffa spielen Martinigänse keine Rolle und für den neuen Wein ist San Andrés zuständig. Auf den müssen wir allerdings noch zwei Wochen warten. Dann werden die kanarischen Weinkeller symbolisch und ganz offiziell geöffnet, der junge, heurige Wein wird verkostet und dazu werden Kastanien gebraten  – und in Icod wird bis spät in die Nacht gefeiert.  Aber wie gesagt, darauf müssen wir noch bis Ende November warten.

„Die Kunst der Besteuerung liegt darin, die Gans so zu rupfen, dass sie unter möglichst wenig Geschrei so viele Federn wie möglich lässt.“  Jean-Baptiste Colbert

Über ARTlandya - der Blog

Teneriffa ist eine ganz besondere Insel im Atlantik und auf ARTlandya, einer wunderschönen Finca in Icod de los Vinos erwartet euch eine verzauberte Welt mit KünstlerPUPPEN, TEDDYbären und viel Natur :-) Lasst euch überraschen und stöbert einfach in meinen Beiträgen!
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Eine Antwort zu Martinigansl

  1. … habe sie mir gestern in Puerto de la Cruz gegönnt. Lecker.
    Danke für den wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Hintergrund. 🙂

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