Am Hafen von Santa Cruz, vor allem in der Umgebung der Plaza de España, sind tag täglich viele Menschen unterwegs, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass sehr wenige von ihnen einen längeren Blick über das Gelände im Hafen schweifen lassen. Die großen Fähren oder gar die Kreuzfahrtschiffe sind ja nicht zu übersehen, da muss niemand lange danach suchen. Doch das ist nicht alles, da gibt es noch viel mehr zu entdecken! Da ist zum Beispiel der kleine, schlanke Leuchtturm im Hafen von Santa Cruz, la Farola del Mar. Er ist einer der ältesten Leuchttürme auf den Kanarischen Inseln und er hat bereits seinen 150. Geburtstag gefeiert …
Érase una vez … ein noch recht bescheidener Hafen in der Bucht vor Santa Cruz. Für die großen Dampfschiffe und dem immer stärker werdenden Schiffsverkehr wurde er zu klein und deshalb beschloss man, ihn auszubauen. Während der Arbeiten an den Hafenanlagen stellte man, um in der Nacht die Schiffe zu warnen, im November 1861 ein rotes Licht als Markierung ans Ende des südlichen Piers.
Den Auftrag für den Bau eines Leuchtturmes für den Hafen bekam die Pariser Firma Henri Lepaute, die den Turm konstruierte und baute. Sämtliche Bestandteile wie die Lampe, die Optik und die Maschinen kamen im Jahr 1862 direkt von Paris auf die Insel. Am 31. Dezember 1893 war es dann soweit – der zweite Leuchtturm schickte mit einem hellen Strahl sein Licht aus dem Hafen von Santa Cruz.
Errichtet wurde der Turm mit Wänden aus Holz und einem Mittelpfosten, der Teil des Großmasts eines Segelschiffes gewesen ist. Rund um diesen Masten windet sich eine Wendeltreppe über die man nach oben in den Raum der Laterne steigen konnte. Sonst gab es nur eine schmale Türe und ein kleines Fenster auf die Landseite. Rund um den verglasten Teil des Turmes, der sechseckigen Laterne, führt ein einfacher Balkon aus Messing und Eisen. Den Abschluss bildet eine Kuppel aus Kupfer, an deren Spitze eine Wetterfahne und ein Blitzableiter befestigt waren.
Der Leuchtturm stand ursprünglich auf einer Plattform ungefähr sechs Meter über dem festen Boden und konnte sein Licht zehn Meter über dem Meeresspiegel in die Dunkelheit schicken. Die erste Lampe wurde, wie bei vielen anderen Leuchttürmen auch, mit Olivenöl betrieben. Ein zylindrischer Glasschirm, ein Baumwolldocht in einem Glasröhrchen und Olivenöl – fertig ist die Lichtquelle.
Als 1897 die Errungenschaft der Elektrizität auch Santa Cruz erreichte, wurde der alte Mechanismus durch einen neuen ersetzt und der Betrieb auf Strom umgestellt. Diese Entscheidung war leider nicht sehr klug, denn erstens flackerte das Licht der Lampe plötzlich rötlich und es war nur mehr 8 Seemeilen weit sichtbar. Zweitens wurde die Stadt im Hintergrund durch das elektrische Licht in den Häusern und auf den Strassen immer heller. Das Signallicht des Leuchtfeuers war für die Schiffe am Meer nur mehr ein Teil der Lichter an der Küste. Ein Jahr später entschied man sich deshalb wieder für die alte Beleuchtung. Erst im Jahr 1932 stellte die Hafenbehörde den Betrieb der Lampe auf Petroleum um und erreichte damit eine weitaus höhere Lichtstärke und das Signal aus dem Hafen war sogar 16 Seemeilen weit entfernt noch zu sehen.
1954 war alles zu Ende, el farolito, wie er liebevoll genannt wurde, hatte endgültig ausgedient. Im Laufe der Jahre wuchs der Hafen von Santa Cruz und die Docks und Strassen, die 1863 gebaut worden waren, wurden Stück für Stück abgerissen, umgebaut und das Hafenbecken erweitert. Die Bewohner von Santa Cruz mussten Abschied nehmen und als um Mitternacht des 30. Juni sein Licht erlosch, erwiesen tausende Menschen mit einer großen, liebevollen Feier auf den Docks ihrem Leuchtturm die letzte Ehre. „Esta noche no alumbra la farola del mar, esta noche no alumbra porque no tiene gas. Esta noche no alumbra la farola del mar, si esta noche no alumbra mañana alumbrará.“
Der Leuchtturm wurde zwar demontiert aber nicht zerstört und sorgfältig in einem Lagerhaus des Hafens verstaut. Es dauerte dreißig Jahre, aber dann hatten es die Liebhaber des Leuchtturms geschafft. Am 20. Dezember 1984 wurde der alte Leuchtturm im Park, am Eingang des Piers gegenüber der Plaza de España wieder aufgestellt. 1991 musste er allerdings schon wieder seinen Platz räumen, denn in diesem Jahr wurde erneut mit einem großen Umbau des Hafengeländes und begonnen. Seit dem 30. April 1994 darf er seine Tage nun in vertrauter Umgebung verbringen. Er wurde abermals aus der Versenkung geholt und dort aufgestellt, wo er heute noch steht – bescheiden und fast unbemerkt auf dem Hafengelände von Santa Cruz de Tenerife.
Als Leuchtturm hat er ausgedient, er ist nur mehr ein romantisches Überbleibsel aus der Vergangenheit. Er ist ein nostalgischer Punkt im Hafen von Santa Cruz, ein Türmchen, das von den meisten Besuchern der Stadt nicht einmal eines Blickes gewürdigt wird. Dabei könnte der Leuchtturm so viel erzählen, denn er ist einer der wenigen Zeitzeugen, die tatsächlich mitten im Geschehen des Lebens der Stadt gestanden ist. Er sah Schiffe einlaufen, Menschen kommen und gehen, einfache Reisende, Politiker, Künstler und Wissenschaftler. Er war als stummer Zeuge dabei, als sich das Gesicht und die Gesellschaft von Santa Cruz veränderte und könnte die gute, alte Zeit mit dem Leben von heute vergleichen. Welche Zeit ihm wohl besser gefallen würde?
•*¨*•❥ übrigens – der kleine Leuchtturm von Santa Cruz ist emanzipiert! Wie man am Namen erkennen kann, ist Er eine Sie. La Farola del Mar und la Farola de Málaga sind die einzigen weiblichen Leuchttürme Spaniens! La Farola del Mar es un faro situado en Santa Cruz de Tenerife y la Farola de Málaga, los únicos faros de España que tienen nombre femenino.
Pingback: La Marquesina | InselLEBEN einmal anders …