Die Nacht der Nächte, Glanz und Glimmer – Fasching wird auch in Österreich gefeiert. Einmal im Jahr wird die Wiener Staatsoper zum festlichsten und berühmtesten Ballsaal der Welt – beim Wiener Opernball. Die fast schon obligaten Skandale im Vorfeld des Balls gab es heuer, so viel ich weiß, nicht. Staatsoperndirektor Dominique Meyer wollte das Ensemble der Oper wieder in den Mittelpunkt rücken. „Der Opernball ist und soll ein Treffpunkt der Kulturschaffenden sein“, betonte er in einem Interview. Recht hat er, denn ursprünglich war diese Veranstaltung einmal ein Ball der Künstler.
Wo sonst Opernstars ihren großen Auftritt haben, wird im Dreivierteltakt getanzt. Einer der Höhepunkte jedes Opernballes ist der Einzug des Jungdamen und Jungherren-Komitees, das gestern Abend zur Polonaise aus der Oper „Eugen Onegin“ von Pjotr Iljitsch Tschaikowski einzog. Die Tiara der sogenannten Debütantinnen hat dieses Mal Karl Lagerfeld entworfen. Das erste Mal hatten die Mädchen hatten keine Blumen in ihren Händen , dafür trugen die Jungherren eine silberne Rose in der linken Hand. Die Rosen überreichten sie am Ende des Tanzes galant an ihre Damen und erinnerten damit an den Rosenkavalier. Zumindest war es so gedacht.

APA – Fotograph Georg Hochmuth
Die jungen Damen in Weiß, die Herren in Schwarz – 144 Paare tanzen bei der Eröffnungspolonaise und werden damit gesellschaftsfähig. So war es zumindest einmal. Vor vielen, vielen Jahren wurden die Debütanten mit diesem Auftreten in die Wiener Gesellschaft eingeführt. Das Wort Debütantin gilt heutzutage natürlich als total gesellschaftlich veraltet und ist eigentlich verpönt. Heutzutage gibt es in Wien weder einen Kaiserhof noch einen Hofstaat und damit logisch gesehen eigentlich auch keine Debütanten – schön ist es trotzdem!
Zur Zeit der Türkenkriege, im 15. und 16. Jahrhundert wurde in Wien das närrische Treiben auf der Straße verboten. Man befürchtete, dass sich feindliche Kundschafter im Schutz einer Maske unter das Volk mischen und so unerkannt in die Stadt gelangen könnten. Im 17. Jahrhundert erwachte der Fasching zwar wieder, aber auch unsere Kaiserin Maria Theresia bekam es mit der Angst zu tun und verbot allen Ständen und dem Adel das Tragen von Larven im Freien. In Österreich haben wir die Ballsaison also dem Kaiserhaus in Wien zu verdanken, denn aus dem Verbot für den Fasching auf der Strasse entstand der typische Saalfasching, mit Bällen und Redouten. In Wien setze sich ab dem 20. Jahrhundert die Redoute als Maskenball durch und 1934 fand die erste Opernredoute in der Staatsoper in Wien statt. Ein Jahr später folgte der 1. Wiener Opernball.
800 Flaschen Sekt und Champagner, 900 Flaschen Wein, 1.800 Paar Würstel, 1.000 Petit Fours und Sandwiches, rund 800 Portionen Gulaschsuppe, allerdings nur 230 Austern – das ist ungefähr die kulinarische Bilanz des Wiener Opernballs, dessen 61. Ausgabe am 23. Februar 2017 in der Staatsoper stattfand. 5.150 Ballgäste brachten dafür hoffentlich einen guten Appetit und das nötige Kleingeld mit. Um Essen, Getränke und Geschirr zu transportieren, werden drei Sattelschlepper gebraucht, denn abgesehen von Speisen und Flaschen müssen auch noch 40.000 Gläser, 1.000 Tischtücher, 4.000 Besteckteile und 600 Sektkübel ins Haus am Ring geschafft werden. Alleine jede Loge soll an diesem Ballabend angeblich bis zu 400 Gläser verbrauchen. Das kann ich zwar nicht wirklich glauben – aber wer weiß es schon so genau?
•*¨*•❥ übrigens – der frisch vereidigte Bundespräsident Alexander Van der Bellen war gestern Abend ebenfalls ein Debütant und das erste Mal bei der Eröffnung des Opernballs dabei. Doris Schmidbauer, die in als seine Frau natürlich begleitete, hat vor vielen Jahren noch gegen den Opernball demonstriert – so ändern sich die Zeiten …
Für alle, die es interessiert, hier die offizielle Geschichte des Wiener Opernballs
Die ersten Ballfeste, bei denen zwar nicht das k. k. Hof-Operntheater nächst dem Kärntnertor, wohl aber die an dieser Bühne wirkenden Künstler als Veranstalter auftraten, schlossen gewissermaßen an die zur Legende gewordenen Feste des Wiener Kongresses (1814 – 1815) an.
Diverse Ballfeste fanden in den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts in den zahlreichen kleineren und größeren Etablissements der Kaiserstadt an der Donau statt. Die Künstlerinnen und Künstler wünschten jedoch für ihre Feste einen intimeren Rahmen und bald fanden sie die ideale Lösung in den bei aller kultivierten Repräsentation dennoch gemütlichen Redoutensälen der kaiserlichen Hofburg. Nach dem ebenso blutigen wie ruhmlosen Ausgang des Revolutionsjahres 1848 war in Wien vorerst niemandem allzu sehr nach Tanzen zumute. Es mußten einige Jahre verstreichen, ehe die Lebensfreude wieder jene Intensität erreichte, die Ballfeste im „Wiener Stil“ neuerlich möglich machten.
Im Jahre 1862 erhielt das berühmte Theater an der Wien wieder die „allerhöchste Erlaubnis“, Ballfeste veranstalten zu dürfen. Dabei nahm man sich selbstverständlich die damals spektakulären Veranstaltungen der Pariser Opernbälle zum Vorbild.
Als im Jahre 1869 das Personal des k. k. Hofoperntheaters endlich ins prachtvolle neue Haus am Ring einziehen konnte, verweigerte jedoch Kaiser Franz Joseph I. die Erlaubnis, in seinem Theater Tanzfeste zu veranstalten. So fand der erste Ball mit der Bezeichnung „Ball in der Hofoper“ nicht im Haus am Ring, sondern im ebenfalls neuen und prachtvollen Gebäude der „Gesellschaft der Musikfreunde“ statt.
1877 gab der Kaiser endlich seine Zustimmung zu einer „Soirée“ in seinem Opernhaus. Obwohl bei diesem Fest in der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember offiziell nicht getanzt werden durfte, berichtete das „Wiener Fremdenblatt“ am folgenden Tag: „… es ging anfangs recht schwer, aber Wienerblut und Wienermut hielten stand … nach Mitternacht gab es den ersten regelrechten Tanz im Festsaal unseres Opernhauses.“
Nach dem Untergang des Kaiserreiches 1918 erinnerte sich die junge Republik erstaunlich bald an die imperialen Feste im Opernhaus. Bereits am 21. Jänner 1921 konnte die erste Opernredoute der Republik Österreich abgehalten werden, und im Jänner 1935 fand der erste, nun auch so benannte „Wiener Opernball“ statt – ein Zauberwort, dessen Wirkung auch im fahlen Licht der dreißiger Jahre nicht versagte.
Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges wurde 1939 auf Befehl der Reichsregierung im inzwischen von Deutschland besetzten Österreich ein letzter Opernball abgehalten. Nach dem Wiedererstehen der Republik Österreich 1945 und der Überwindung der ersten Hungerjahre im zerbombten Wien wurde im November 1955 die festliche Wiedereröffnung des im Krieg zerstörten Opernhauses gefeiert.
Am 9. Februar 1956 wurde das herrliche Haus zum ersten Mal in der Zweiten Republik wieder in den strahlenden Opernballsaal verwandelt.
© Wiener Staatsoper GmbH
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