Ich selbst bin ja ein Faschingsmuffel – obwohl ich aus Österreichs Narrenhochburg Villach komme. In meiner Heimatstadt ist der Faschingssamstag der wichtigste Tag der Faschingszeit und Groß und Klein feiert den Villacher Fasching. Villach gleicht dann einer einzigen Narrenbühne und die Stadt wird seit heute Mittag vom Prinzenpaar der Faschingsnarren regiert. Der Bürgermeister gibt sein Machtsymbol, den goldenen Stadtschlüsse, für einige Tage aus der Hand und überlässt die Herrschaft über das Volk Prinz Fidelius LXIII. und seiner Lieblichkeit Prinzessin Prinzessin Eva-Maria I.

Prinz Fidelius LXII. und Ihrer Lieblichkeit Prinzessin Valentina I. (Fasching 2017)
Höhepunkt ist am Faschingssamstag der große Faschingsumzug durch die Villacher Innenstadt. Danach ist ganz Villach eine einzige Narrenbühne. In den Geschäften und Lokalen ist die Bedienung maskiert und Musikgruppen heizen schon von der Früh weg die Stimmung an. Für die Kleinsten gibt es an diesem Tag jedes Jahr ein umfangreiches Kinderprogramm – und Faschingskrapfen in Hülle und Fülle.
Erwähnt wurde der Villacher Fasching bereits im Jahr 1867. Damals wurde von einer „gelungenen Corsofahrt“ geschrieben. Stattgefunden hat dieses Ereignis aber nicht am Samstag sondern am Faschingsdienstag.
Den Ursprung der Kärntner Faschingsbräuche findet man in alten, verzauberten und kultischen Welten. In alten Zeiten vermischten sich Aberglaube und unmenschliche Arbeitsbedingungen.Es entstanden Rituale wie das Blockziehen oder Faschingsrennen aller Art. Junge Mädchen wurden vor einen Pflug gespannt und sollten für eine gute Ernte sorgen, Strohpuppen wurden zu skurrilen Faschingsbräuten, redegewandte Bürger zu sogenannten Schalksnarren und heiratsunwillige Mädchen zum Spott des Dorfes. Heute werden die Spottredner von mehr oder weniger guten Prangerrednern ersetzt und auch wenn sich vieles geändert hat und Kunststoffmasken, Pappnasen und bunte Verkleidungen die „Schimmel, Habergeißen und Narrentreiber“ von einst ersetzt haben, ist der Sinn des Faschings der gleiche geblieben.
Man feiert das Ende des Winters und freut sich auf den Frühling und das nächste Fest – Ostern.
Nicht nur die menschliche Gesellschaft hat sich gewandelt, auch die kulinarische Welt hat sich verändert. Aus den fetten Schmalzkrapfen wurden im Laufe der Jahre mit Marillenmarmelade gefüllte, flaumige Faschingskrapfen, aus Most wurde Sekt, Frizzante oder Prosecco.
Lautsprecher, Verstärker und Schlagermusik haben die Harmonika, Klarinetten- und Tubaklänge von einst abgelöst. Gleich geblieben ist der Wunsch der Menschen, an diesen Tagen ihre Probleme zu vergessen und gegen Fröhlichkeit, Ausgelassenheit und unbändige Lebensfreude einzutauschen.
Was wäre der Villacher Fasching ohne Faschingskrapfen? Geht gar nicht, würde ich sagen. Über ihre Entstehung gibt es verschiedene Geschichten. Eine nette Legende lautet, dass in grauer Vorzeit eine unglücklich verliebte Köchin, einen zum Backen vorbereiteten Teig, irrtümlich, statt ihn in den Backofen zu schieben, versehentlich ins heiße Fett geworfen und so die Krapfen erfunden habe.
Eine zweite Geschichte, die ich gefunden haben, erzählt, dass der Krapfen von einer Hofratsköchin mit dem passenden Namen Cäcilie Krapf im Jahr 1815 erfunden worden ist. Angeblich servierte sie den Gästen des Wiener Hofballs damals eingekochte Früchte, die sie mit Germteig umhüllte und im heißen Fett heraus buck. Das brachte sogar Mönche auf den Geschmack und die Kirchenmänner sollen die süße Versuchung sogar dem normalen Volk empfohlen haben. Es war schließlich die letzte Möglichkeit, vor der kargen Fastenzeit noch einmal richtig zu völlern. Heute fragt niemand danach, wer den Krapfen erfunden hat und vor allem für die Villacher Narren besteht der heutige Tag auf alle Fälle aus vielen Faschingskrapfen, Narrentreiben auf allen Strassen, in allen Gassen und Lokalen!
Diese paar Tage im Jahr sind für viele Menschen die Tage, an denen sie das Leben so richtig auskosten können. Sich in einen Faschingsnarren zu verwandeln, heißt auch, dass man sagen kann, was man denkt und so zu sein, wie man sein möchte. Lei! Lei!
Ich für mich halte mich lieber an Pipi Langstrumpf, ich mache mir die Welt – ganz ohne Verkleidung – wie sie mir gefällt – das ganz Jahr über! Zumindest versuche ich es – lasst mir die Illusion, dass es mir gelingen könnte …
Die Fotos sind logischerweise nicht von mir – ich bin ja ein paar tausend Kilometer weiter im Süden, sie wurden von – mir leider unbekannten – Fotografen „geschossen“. Falls jemand die Urheber kennen sollte, bitte bei mir melden, ich verwende so gut wie nie ungefragt fremde Fotos, aber in der närrischen Zeit habe ich eine Ausnahme gemacht …
Pingback: MexIcod – Carnaval in Icod | Teneriffa – InselLEBEN einmal anders …
Da ist euer „Fasching“ schon ein völlig anderes Kaliber!!!! Ich würde wieder einmal gerne dabei sein. Deine Beiträge sind immer volle interessant, danke. Herzlich. Teda
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in den nächsten Tagen kannst du dir dann einige Fotos ansehen 🙂 Liebe Grüße von der Insel!
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