Alte Puppen, muñecas antiguas, Schildkröt oder Käthe Kruse sind für fast alle Menschen in Deutschland oder Österreich ein Begriff. In anderen Ländern tauchen Namen wie Lenci oder Mariquita Perez auf. Diese Puppen kennt anscheinend jeder und sie sind auch ein feste Bestandteile der PuppenGESCHICHTE aber sie haben absolut nichts mit PuppenKUNST zu tun! Ohne lange Wurzeln gäbe es heute aber höchstwahrscheinlich gar keine Künstlerpuppe und deshalb ist die Vergangenheit ganz stark mit der Gegenwart verwoben. Nachdem ARTlandya ja auf Teneriffa ist, beginne ich mit der Geschichte über die spanische Puppe, einverstanden?
Ich muss ehrlich zugeben, bis vor ein paar Jahren habe ich mit dem Namen Mariquita Perez überhaupt nichts anfangen können. In Österreich wurde ich immer wieder gefragt, warum in unserem Museum keine Schildkrötpuppe ausgestellt oder warum Käthe Kruse nicht vertreten sei. Hier auf Teneriffa, also in Spanien, ist Mariquita Perez der Inbegriff für eine Puppe. Aber ich habe mich schlau gemacht und so kann ich jetzt etwas mehr über diese spanische Puppe und ihren Mythos erzählen.
Zuerst einmal die kurze Version, für alle, die nicht viel lesen wollen: Mariquita Perez war eine Puppe, die im Jahr 1938 von Doña Leonor Coello de Portugal entworfen wurde. Mariquita Pérez fue una muñeca española ideada por Doña Leonor Coello de Portugal en 1938. Eine Puppe aus Papiermaché, die das erste Mal im Jahr 1940 hergestellt wurde und schnell im Traum ganzer Generationen spanischer Mädchen herum geisterte.
Leider konnten sich damals die wenigsten Eltern dieses Luxusspielzeug leisten. Der durchschnittliche Lohn eines Arbeiters lag bei 150 Peseten und die Puppe kostete im Jahr 1940 stolze 85 Peseten – unerschwinglich für die meisten Menschen. So mussten sich die meisten Mädchen mit la Pepona begnügen, der Puppe einer ganzen Epoche, die knapp 5 Pesetas kostete und weiter von Mariquita Pérez träumen.
Leonor Coello war die Tochter des Grafen von Portugal, eine adelige Dame, die während des Bürgerkrieges in San Sebastian lebte. Mit ihrer kleinen, zweijährigen Tochter Leonor de Góngora spazierte sie fast jeden Tag zum Strand und das kleine Mädchen hatte immer ihre Puppe dabei. Das wäre sicher nichts besonderes gewesen, wenn das Kind und die Puppe nicht immer das selbe Kleid angehabt hätten. Aber weil das so war, fiel das kleine, blonde Mädchen mit den blauen Augen und ihre Puppe, die wie eine Miniatur von ihr aussah, den anderen Strandbesuchern auf. So wurde die deutsche Puppe indirekt zum Geburtshelfer der wohl bekanntesten spanischen Puppe.
Leonor Coello witterte bald ein gutes Geschäft und gab bei dem Puppenmacher Onil Bernabé Molina eine Puppe in Auftrag, die einen sehr spanischen Namen tragen sollte – Mariquita Pérez war geboren.
Die Eröffnung des ersten Geschäftes, in dem diese Puppen verkauft wurden, fand am 11. November 1940 in einem kleinen Raum in der ersten Etage ohne Fenster in der Avenida del Generalissimus Nummer 12 in Madrid statt und wurde zu einem gesellschaftlichen Ereignis nach dem Krieg und bis Ende des Jahres 1940 verkaufte sie die ersten tausend Puppen!
Insgesamt wurden im Laufe der Jahre mehr als eine Million Puppen fabriziert, die in die ganze Welt verkauft wurden. Zu den stolzen Besitzerinnen gehörten Prominente wie Eva Perón, die Enkelinnen von Franco, Grace Kelly, Gina Lollobrigida und noch viele mehr.
Mariquita hatte jede Menge Kleider und Zubehör für jede Gelegenheit und alle Jahreszeiten. Egal ob es sich um ein Kleidchen für die Erstkommunion oder den ersten Schultag, ein festliches Kleid für den Abend, Spitzenunterwäsche, Badeanzüge oder die Tracht für eine Krankenschwester handelte. Was nicht so schön war – die Puppenkleider wurden zwar in im Hause Coello de Portugal zugeschnitten, genäht wurden sie allerdings für einen Hungerlohn in verschiedenen Frauengefängnissen des Landes.
Püppchen Mariquita Pérez bekam im Laufe der Jahre noch die Brüder Juanín und Jaimito sowie ein kleines Baby. Nach familiären Problemen ging es abwärts mit der Firma und sie wurde verkauft. Der Mariquita-Pérez-Boom ebbte endgültig ab, als Barbie, die in Spanien Nancy genannt wurde, den Weltmarkt eroberte. Im Jahr 1975 wurde die Fabrikation endgültig eingestellt.
Seit einigen Jahren wird die Puppe in einem Familienbetrieb in Alicante unter dem Namen Mariquita Model wieder hergestellt und in einer modernen Plastikversion aber auch in der traditionellen Aufmachung wieder produziert.