Mitte August steht Mariä Himmelfahrt im Kalender und Petrus hat für sonniges, warmes Wetter gesorgt. Wunderschönes Sommerwetter zu Ehren der Heiligen Jungfrau – oder damit die Pilger auf ihrer Wanderung ihre Sünden richtig raus schwitzen müssen können? Wie auch immer, auf Teneriffa wird am 15. August der wichtigste kirchliche Feiertag der Insel, el Dia de La Candelaria, gefeiert.
La Morenita, wie sie liebevoll genannt wird, ist die Schutzheilige der Insel und bereits in der Nacht davor führen auf der Insel alle Wege nach Candelaria. Tausende Menschen wandern auf traditionellen Pilgerwegen über die Berge oder entlang der Autobahn zur schwarzen Madonna. Egal ob religiös oder nicht, jung oder alt, aus Freude an der Tradition oder mit sportlichem Eifer. Der Weg ist das Ziel – und am Ende wird gefeiert.
Die schwarze Madonna stammt noch aus der Zeit, als die Guanchen die Insel bevölkert und auch beherrscht haben. Rund um diese geheimnisvolle Holzfigur ranken sich viele Mythen und Legenden und in Candelaria wird jedes Jahr bereits am Nachmittag des 14. Augusts auf dem Platz vor der Basilica de la Virgen de la Candelaria en la Plaza de la Patrona de Canarias, unter den kritischen Blicken der versteinerten Menceys auf der Brüstung der Promenadenmauer mit Hilfe von vielen Laienschauspielern die Legende der Guanchen erzählt.
Glaubt man den Erzählungen der Canarios, wurde die hölzerne Figur um 1390 am Strand gefunden. Aber wie ist sie dort hin gekommen?
Geschichtsforscher nehmen an, dass die erste Marienfigur von einem spanischen Schiff stammen könnte, das bei dem Unwetter vor der Küste unterging. War die Heilige der Kanarischen Inseln in ihrem vorherigen Leben also nur eine schöne Galionsfigur eines Handelsschiffes? Oder wurde sie von ein paar Mönchen zur Unterstützung ihrer Mission mit auf die Insel gebracht?
Laut einer Aufzeichnung in der Chronik von Bruder Alonso de Espinosa aus dem Jahr 1594 finden wir die Wurzeln dieses Festes Ende des vierzehnten Jahrhunderts. Ungefähr hundert Jahre vor der Eroberung Teneriffas durch die Spanier. Damals haben zwei Hirten im Tal von Güímar an der Mündung des Barranco de Chimisay eine schlanke Gestalt entdeckt. Sie stand aufrecht und reglos am Strand. Die zwei Hirten glaubten es wäre eine Frau und da es ihnen verboten war mit Frauen an einsamen Orten zu sprechen, wollten sie ihr mit Zeichen zu verstehen geben, dass sie verschwinden solle. Als sich die hölzerne Frau aber nicht rührte sammelten die Männer Steine, aber als einer von ihnen einen Stein auf die unbekannte Schöne werfen wollte, geschah etwas Eigenartiges. Es war nicht möglich. Der Arm des staunenden Guanchen erstarrte mitten in der Bewegung, sein Arm blieb wie gelähmt in der Luft stehen. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht, denn der Versuch dem Geheimnis mit einem steinernem Keil auf die Spur zu kommen, brachte auch nur die Verletzung des zweiten Hirten ein. Weil sie selbst nicht mehr weiter wussten, suchten die ratlosen Männer Rat bei ihrem König.
Als sich Mencey Acaymo, der Herscher über Güímar, die Geschichte angehört hatte, entschied er mit seinen Beratern, dass die beiden Männer die Statue in seinen „Palast“, in die Höhle Chinguaro bringen sollten. Und oh Wunder, damit waren alle Probleme gelöst, sogar die Verletzung des Hirten heilte sofort und war verschwunden. Der König dachte sich, dass hier etwas Übernatürliches im Spiel sein könnte und so bekam die Frau mit dem Kind im Arm ihren Ehrenplatz. Sie bekam den Namen Chaxiraxi, Herrin der Sonne, und wurde von dieser Zeit an von den Guanchen verehrt.
Ein Sklave der Spanier, ein getaufter Guanche, der Antón genannt wurde, hat die Verehrte der Heiden allerdings schnell als Jungfrau Maria entlarvt und deshalb wurde sie von den Spaniern gestohlen. Als aber auf der Insel die Pest ausbrach, gaben sie die Statue schnell wieder zurück, denn einige abergläubische Mitmenschen schrieben die Seuche dem Diebstahl zu. So konnte es nicht weitergehen, für die schwarze Madonna musste es eine Lösung geben.
Kurzerhand brachte Alonso Fernández de Lugo hat den katholischen Feiertag Mariä Empfängnis mit dem traditionellen Fest der Inselbewohner auf einen Nenner und der Überlieferung nach wurde das gemeinsame Fest das erste Mal im Jahr 1497 gefeiert. Im Jahr 1526 wurde die Höhle in Cueva de San Blas umbenannt und Chaxiraxi verwandelte sich endgültig in eine katholische Heilige und hieß nun offiziell Nuestra Señora de Candelaria.
Das Original der Schutzheiligen soll im Jahr 1826 bei einer Sturmflut in den Atlantik gespült worden sein. Bei diesem heftigen Unwetter, so heißt es, brachen große Wellen in die Höhle und rissen die Figur wieder mit aufs offene Meer. „Back to the roots“ könnte man sagen, wenn die Geschichte stimmt, dass zwei Guanchen sie am Strand gefunden haben. Bei der hölzernen Jungfrau die heute verehrt wird, handelt es sich laut offiziellen Aussagen, um eine originalgetreue Kopie der ursprünglichen Heiligen. Sie ist also wahrscheinlich eine Reproduktion und wurde im Jahr 1830 von einem kanarischen Künstler hergestellt. Die Fähigkeit Wunder zu wirken und helfend in das Leben der Menschen einzugreifen muss sie jedoch vom Original übernommen haben. Das kann gar nicht anders sein, denn aus welchem anderen Grund sollten sonst jedes Jahr tausende von Pilgern aus allen Himmelsrichtungen der Insel nach Candelaria pilgern? Oder versetzt – wie so oft – der Glaube den Berg?
Tatsache ist auch, dass die spanischen Eroberer bei den Guanchen von Güimar keine Widerstände brechen mussten, um sie zum katholischen Glauben zu bekehren. Das Bild der Frau mit dem Kind war ihnen schon vertraut und die katholischen Missionare hatten leichtes Spiel. Aus diesem Grund konnten die spanischen Eroberer mit Hilfe des Menceys von Güimar die übrigen acht Fürsten Teneriffas beim Kampf um die Insel vernichtend schlagen. Die Geschichte konnte ihren Lauf nehmen, der Weg war schon viele Jahre vorher geebnet worden.
•*¨*•❥ Übgrigens – es gibt Vermutungen, dass das Original der Madonna doch noch existieren könnte. Sie soll irgendwann in die Santa Ursula-Kirche von Arafo gebracht worden sein. Aber wer weiß es schon so genau? Geheimnisse sollen Geheimnisse bleiben …
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