Am ersten November besuchen die meisten Menschen ihre Gräber am Friedhof. Die einen, weil sie es wollen und die anderen weil sie es müssen, es gehört sich einfach so. Allerheiligen, Día de Todos los Santos , steht im Kalender. Am ersten oder zweiten November besuchen die meisten Menschen ihre Gräber am Friedhof. Die einen, weil sie es wollen und die anderen weil sie es müssen, es gehört sich einfach so.
Selbstverständlich traditionell müssen alle Gräber genau an diesem Tag geschmückt sein. Die Friedhöfe verwandeln sich fast über Nacht in einen bunten Acker für die verstorbenen Seelen. Die Gärtner und Floristen freut’s, einige Grabbesitzer vielleicht vereinzelt doch nicht so. Aber so ist das eben, Traditionen, las tradiciónes, wollen gehegt und gepflegt werden. Wenn wir sie nicht hätten, wären die ersten Novembertage wohl ein wenig grauer und irgendetwas würde fehlen.
So werden auch in diesem Jahr wieder Kerzen angezündet und der neue Wintermantel wird bei Frosttemperaturen das erste Mal ausgeführt. In meiner Jugendzeit ist es zumindest so gewesen und gar so viel wird sich in den paar Jahren auch nicht verändert haben. Das Schönste an diesen, meist grauen und kalten, Tagen waren eigentlich die zwei schulfreien Tage. Wenn wir aber erst am späten Nachmittag auf den Friedhof gegangen sind, waren die vielen, flackernden Lichter in den Abendstunden der Höhepunkt. In dieser Beleuchtung hat der Friedhof geheimnisvoll und romantisch gewirkt, friedlich und ganz still.
Dabei sollte am Allerheiligentag eigentlich ein lustiges Fest gefeiert werden, ein Fest für die Lebenden, doch das macht niemand. Zumindest nicht in unserem Kulturkreis. Wir haben heute kein Grab besucht und auch keines geschmückt – dafür haben wir zwei Kerzen angezündet und mit einem Glas Wein auf unsere Verstorbenen angestoßen. In unserem Denken liegen sie nicht unter Erde begraben sondern sie begleiten uns durch unser Leben. Allein der Satz „Kannst du dich noch erinnern … “ ist im Alltag fest verankert. Und wie heißt es so treffend? Menschen sterben, wenn niemand mehr über sie spricht …
Jetzt fällt mir doch etwas Außergewöhnliches zu Friedhöfen ein. In Tirol, in Kramsach, findet man ein einzigartiges Überbleibsel aus alten Zeiten. Einen ziemlich lustigen Friedhof. Eigentlich ist es kein richtiger Friedhof sondern eher ein Museumsfriedhof, denn der Besitzer einer Schmiede hat unzählige Grabkreuze und Grabsteine aus dem vorigen Jahrhundert zusammenzutragen und auf einem kleinen Hügel einen kuriosen Friedhof geschaffen. Auf den alten Tafeln der Kreuze aus Schmiedeeisen kann man Sprüche wie diesen lesen: „Hier liegt in süßer Ruh‘ erdrückt von seiner Kuh Franz Xaver Maier, daraus sieht man wie kurios man sterben kann.“
Im großen und ganzen lösen Friedhöfe jedoch bei den meisten Menschen eher eine beklemmende Stimmung aus. Ich gehe gerne auf diese Stätten des vergangenen Lebens. Es ist ein lebendiger Spaziergang in die Vergangenheit. Für mich erzählen die alten Zeitzeugen, egal ob Kreuze oder Grabinschriften, lebendige Geschichten.
Auf Mexikos Friedhöfen ticken zu Allerheiligen, Día de Muertos, die Uhren sowieso anders, dort wird gefeiert – und zwar am Friedhof, mitten unter den Verstorbenen und ihren Seelen.
La Catrina ist eine Skelettdame, die zu einem Symbol für den Tag der Toten in Mexiko geworden ist. Sie stammt vom mexikanischen Illustrator und Karikaturisten José Guadalupe Posada, der in seinen Texten und Zeichnungen über die Ungerechtigkeit und die Ungleichheit in der Gesellschaft schrieb und sich mit seinen Totenköpfen und Skeletten über die mexikanische Oberschicht unter der Regierung von Benito Juárez Sebastián Lerdo de Tejada y Porfirio Díaz lustig gemacht hat. Catrina bedeutet im Spanischen so viel wie eine wohlhabende oder reiche Person – allerdings mit abwertendem und sarkastischem Unterton.
Den Tag der Toten begehen die Mexikaner als großes Volksfest, mit einem Picknick am Familiengrab, Volksmusik, die neben der Friedhofskapelle gespielt wird und schaurig süßen Totenköpfen aus Zuckerguss. Die Mexikaner haben ein anderes, ein ganz besonderes Verhältnis zu ihren Toten. Tagelang feiern die Menschen mit der tröstenden Vorstellung, dass die Toten zurückkehren, um ihre Verwandten zu besuchen. Ich hoffe nur, es kommen nur die geliebten und nicht die unguten Verwandten zurück zu ihrer lebendigen Familie, aber ganz so sicher bin ich mir da nicht, denn aussuchen kann sich das mit Sicherheit niemand.
Wie es auch sei, die häuslichen Altäre werden trotzdem liebevoll mit Postkarten der diversen Heiligen, los santitos, und der Jungfrau Maria, mit Totenschädeln aus Zucker, mit Obst, Gemüse, sowie mit Fotos und anderen Erinnerungsstücken an die Toten geschmückt und mit einer orangefarbenen Tagetesblume, die schon von den Indios Cempasúchitl genannt wurde, aufgeputzt.
Anschließend werden noch die Lieblingsspeisen der Toten gekocht, transportfähig verpackt und dann wandert die ganze Familie mit Kind und Kegel zu den Gräbern auf den Friedhöfen, die an diesem Tag wohl eher wie ein riesiger Picknickplatz wirken. Tequila und Bier dürfen natürlich auch nicht fehlen und dann wird bis in die Morgenstunden gefeiert!
Für die Verstorbenen ist allerdings um Mitternacht Sperrstunde die Zeit gekommen, wieder ins Jenseits zurückzukehren. Für sie ist das Fest für dieses Jahr zu Ende!
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