Icod de los Vinos, Sonntag 17. Dezember 2017
Heute ist schon der dritte Adventsonntag. Ich kann es noch nicht ganz glauben, aber nachdem es in allen Zeitungen steht und im Radio breit getreten wird – muss es stimmen! Dank dem Rezept von meiner Mutti für den gefüllten Lebkuchen ist nun eine weitere Keksdose gefüllt. Die erste Ladung Nussbusserln sind leider schon verschwunden und das allseits bekannte Weihnachtsmäuschen ist dieses Mal vollkommen unschuldig, sie haben einfach zu gut geschmeckt. Ein paar Kekse werden schon für Weihnachten übrig bleiben und schlimmstenfalls schiebe ich noch ein oder zwei Backbleche ins Rohr.
Für die richtige Adventstimmung habe ich hier noch ein Gedicht, das mir sehr gut gefällt. Geschrieben wurde es schon vor vielen, vielen Jahren vom Stürmer und Dränger der Literaturgeschichte – von Johann Wolfgang von Goethe.

Plaza in Garachico
Man nehme zwölf Monate,
putze sie ganz sauber von Bitterkeit,
Geiz, Pedanterie und Angst,
und zerlege jeden Monat in 30 oder 31 Teile,
so dass der Vorrat genau für ein Jahr reicht.
Es wird ein jeder Tag einzeln angerichtet
aus einem Teil Arbeit und zwei Teilen Frohsinn und Humor.
Man füge drei gehäufte Esslöffel Optimismus hinzu,
einen Teelöffel Toleranz,
ein Körnchen Ironie und eine Prise Takt.
Dann wird das Ganze sehr reichlich mit Liebe übergossen.
Das fertige Gericht schmücke man mit einem Sträußchen
kleiner Aufmerksamkeiten und serviere es täglich mit Heiterkeit.
Johann Wolfgang von Goethe
Goethe verdiente ja seinen Lebensunterhalt für kurze Zeit als studierter Rechtsanwalt, dafür hat er die Feinheiten des Lebens erstaunlich poetisch beschrieben. Kein Wunder, dass er im Endeffekt als Schriftsteller und nicht als Rechtsverdreher in die Geschichte eingegangen ist. Er ist so ziemlich das beste Beispiel dafür, welchen Vorteil es haben kann, wenn man seine Träume nicht von heute auf morgen verwirklichen kann. Der Startschuss zu seinem Erfolg waren Werthers Leiden. Durch seine eigene unglückliche Liebe zu einem gewissen Fräulein – damals gab es dieses nette Wort noch – Charlotte Buff wurde er zu diesem Meisterwerk, das in mit einem Schlag berühmt machte, inspiriert.
Wenn heute jemand Johann Wolfgang von Goethe hört, denkt jeder Mensch sofort an Weltliteratur- oder an den Erlkönig. „Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist der Vater mit seinem Kind. Er hat den Knaben wohl im Arm, Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm …“ Bei mir geistern diese Zeilen noch immer im Kopf herum. Aber nur diese paar Sätze, dann ist Schluss. Der Rest der Ballade ist vom Winde verweht worden. Also kein Schulwissen, das im wahren Leben einen Platz gefunden hat. Aber egal, das ist auch gar nicht so wichtig.
Ich glaube so ziemlich jeder Schüler musste sich mit dieser elendslangen Ballade in seiner Schulzeit abquälen! Dass Goethe in seinem Leben vom Geheimen Legationsrat, im Januar 1779 zum Leiter der Kriegs- und Wegebaukommission und kurz darauf zum Geheimen Rat ernannt wurde, weiß aber so gut wie kein Mensch.
Nach diversen anderen Zwischenstationen in seinem Berufsleben war er Leiter des Weimarer Hoftheaters und ab 1803 erhielt er sogar die Oberaufsicht über die naturwissenschaftlichen Institute der Universität Jena. 1804 wurde er zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt und auf dem Erfurter Fürstenkongress begegnete er Napoleon. Als krönendem Abschluss seiner persönlichen Karriere wurde er mit dem ehrenvollen Amt eines Staatsministers betraut.
Ein Lebenslauf, wie er im Bilderbuch stehen könnte. Beruflicher Erfolg auf allen Ebenen, beruflicher Erfolg als Staatsmann, Anerkennung als Künstler, familiäres Glück und die Freiheit, seinen privaten Interessen nachgehen zu können. Ob sich für ihn alle seine Träume erfüllt haben? Man könnte kann es eigentlich annehmen. Übrigens – Goethe hat in jungen Jahren keine Schule besucht, er wurde von seinem Vater zu Hause unterrichtet und studierte anschließend in Leipzig Jura.

weihnachtliches Rathaus in Garachico
Aber jetzt ist Schluss mit Belehrungen aller Art, ich gehe nun zum gemütlichen Teil des Tages über. Das Essen ist fertig, die Kerzen brennen und im Kamin knistert schon ein lustiges Feuerchen … buenas noches y felices sueños