In Garachico sorgt das Castillo de San Miguel im Moment für einigen Gesprächsstoff. Was ist denn hier geschehen, haben sich ein paar Jugendliche über Nacht einen Witz erlaubt?
Nein, das ist natürlich nicht der Fall, die Fassade der Burg sieht zur Zeit zwar ziemlich skurril aus, aber die Aktion hat durchaus ihre Berechtigung und mittlerweile informiert auch ein Schild neben dem Kunstwerk, was es mit der ungewöhnlichen Verschönerung auf sich hat.
Wie seit vielen Jahren finden in Garachico Ende Mai ein spezielles Festival statt – FICMEC. Eigentlich handelt es sich um ein Filmfestival rund um unsere Umwelt, das Leben und die damit verbundenen Probleme, doch zur Veranstaltung gehören auch viele andere Schwerpunkte. Dabei diskutieren und arbeiten Kinder und Erwachsene, Schüler, Studenten, Wissenschaftler und viele Künstler gemeinsam an einem Thema – unsere Natur!
„Envuélvete“ nennt sich die Arbeit am Castillo an der Küste des Städtchens. Um das alt ehrwürdige Gemäuer einzupacken brauchte man nur ein Material, das es in Unmengen in fast jedem Haushalt gibt. Mehr als tausend Plastiktaschen haben die Kinder von Garachico gesammelt, zerschnitten und zu Bändern verschweißt. Der schweizerischer Schriftsteller Ralph Boller hat mit seiner Aussage „Im Zeichen des wachsenden Umweltbewusstseins brauch wir keine Verpackungskünstler, sondern im Gegenteil – Verpackungsvermeidungskünstler.“ in diesem Fall den Nagel auf den Kopf getroffen.
Geschmäcker sind allerdings sehr verschieden, es kann nicht alles jedem gefallen und bei Kunst scheiden sich sowieso die Geister. Aber gerade in dem Fall geht es nicht um schön oder schrecklich, es ist vollkommen unwichtig, ob es sich überhaupt um Kunst handelt – der Gedanke dahinter ist wichtig. Dem Bürgermeister von Garachico gefällt dieses Werk übrigens gar nicht, die Kuturbeauftragte ist allerdings begeistert davon. Eines haben die Plastikbänder auf alle Fälle erreicht – es wird geredet! La obra efímera no ha dejado indiferente a nadie. „No me gusta nada ver la fachada así“, dice el alcalde, mientras que la consejera de Patrimonio la alaba.
Beim alten Hafen hat sich ebenfalls etwas verändert. Mit Fischernetzen und den darin verknüpften Plastikfetzen aus den umliegenden Bananenplantagen soll „Immerse“ eine ökologische Katastrophe, die wir alle kennen, darstellen.
Der zwischen Hawaii und Kalifornien schwimmende Müllstrudel aus Plastik ist laut neuen Untersuchung noch größer, als man vor kurzem noch geglaubt hat. Es soll sich dabei um 80.000 Tonnen Plastik handeln. Und dieses Plastik verteilt sich in einem Gebiet von unvorstellbaren 1,6 Millionen Quadratkilometern. Das ist mehr als vier Mal so groß wie Deutschland! Und das ist nur ein Teil des ganzen Desasters …
Die Installation in Garachico soll uns auf den, zum Teil unnötigen, Gebrauch von Plastik aller Art Kunststoff aufmerksam machen, aber für mich ist die Szenerie fast zu schön dazu. Als ich mich direkt darunter gestellt habe, war es eher ein sehr angenehmes Gefühl. Der Wind streichelt mit einem leisen Geräusch durch die Fischernetze und die Kunststoffstreifen sorgen für ein sanftes Rauschen … fast wie Urlaubsfeeling, es fehlt eigentlich nur noch der Liegestuhl.
Wenn es um Kunst aus gebrauchten Materialien geht, darf natürlich Luigi Stinga nicht fehlen und sein Werk steht, wie immer, vor dem Rathaus der Stadt. Er verarbeitet für seine Figuren weiches Holz von Paletten oder andere Holzabfälle, Holz, das meistens niemand mehr verwendet.
Seine Werke sind immer kurzlebig und wenn ihr euch dafür interessiert, könnt ihr in einem eigenen Blogbeitrag mehr über Luigi Stinga nachlesen. Er hat im Laufe der letzten Jahre schon sehr viele interessante und tolle Figuren in den verschiedensten Städten auf Teneriffa zusammen gezimmert.
Direkt an der Küstenstrasse stehen noch zwei Arbeiten, die ebenfalls im Rahmen von FICMEC entstanden sind. Die Instalaton „Muévete“ wurde aus altenFahrrädern und recycelten Pappröhren zusammengebaut.
Laut Beschreibung soll das Projekt zum Nachdenken über die nachhaltige Mobilität und die verborgene Schönheit scheinbar unbrauchbarer Objekte und Materialen beitragen. Es soll “ von einem sensorischen Verständnis der Stadt- und Naturlandschaft durch einen kinetischen und akustischen Eingriff, der mit dem Wind interagiert“ erzählen. Ich muss ehrlich gestehen, mir gefällt das Werk ganz gut, aber sein Geheimnis hat es mir leider nicht verraten können.
Und zu guter Letzt ist da noch „Reflejate“. Eine Konstruktion aus Spiegelfragmenten in unterschiedlichen Größen. Das Herzstück davon hat das Kloster von San Francisco im Visier und die anderen Teile verzerren den Rest der Umgebung. Auch diese Botschaft ist bei mir nicht richtig angekommen, aber das hat nicht viel zu sagen, vielleicht hätte ich einfach länger davor stehen bleiben müssen?
Die Arbeiten der Studenten stehen noch bis zum Wochenende in Garachico. FICMEC will damit zum Nachdenken anregen und die Skulpturen sollen so etwas wie einen Weckruf sein. Ist es richtig, wie wir unsere Ressourcen in unserem täglichen Leben nutzen, der enorme Verbrauch von Kunststoff, der unseren Planeten zerstört? Aber es gibt auch eine gute Botschaft – alle Materialien könnten wiederverwendet werden und könnten eine zweite Chance bekommen. Und sei es nur zur Dekoration …
toller Bericht Ingrid, danke für Info….eine tolle Idee in Garachico. Lieben Gruß und Kuss
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Garachico ist immer wieder für eine Überraschung gut 🙂 Schade, dass die Themen so schlecht erklärt werden, denn auf den Schildern, die jetzt doch bei den Werken stehen, ist die Information nur auf spanisch zu lesen. Touristen stehen im allgemeinen ziemlich ratlos davor … schade.
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