Wir sind zur Abwechslung von El Medano aus nicht sofort wieder auf die Autobahn gefahren sondern haben die Straße, die direkt am Flughafen entlang führt gewählt. Erstens wollten wir uns endlich einmal die Höhle des einzigen kanarischen Heiligen ansehen und wer weiß, vielleicht entdecken wir ja wieder etwas Neues?
Die Landschaft sieht in dieser Gegend eher außerirdisch aus, karg, steinig, staubig und eintönig. Die sandige Luft, die der Calima aus Afrika mitgebracht hat, verbessert die Situation auch nicht gerade zum Besten. Ein strahlend blauer Himmel würde sogar dieser Mondlandschaft noch einen Hauch von Schönheit abgeben. Aber es ist so viel Sand in der Luft, dass man die Berge in der Ferne nur schemenhaft erkennen kann.
Um zu wissen, dass der Flughafen Aeropuerto deTenerife Sur in greifbarer Nähe ist, muss man erst gar nicht auf die Landkarte schauen. Das hört man in regelmäßigen Abständen, denn die Flugzeuge, die in alle Herren Länder starten, machen sich beim Abheben in diese Richtung ziemlich lautstark bemerkbar. Aber irgendwo muss es eben einen Flughafen geben, ich muss ja zum Glück nicht hier wohnen.
Nach kurzer Zeit erreichen wir Los Abrigos und auch wenn die Häuserreihen entlang der Hauptstrasse nichts Besonderes versprechen, wollen wir einmal hinter die Fassaden blicken. Am Ende eines engen Gässchens haben wir sogar das Glück und finden einen Parkplatz. Wir sind durch Zufall direkt beim Hafen gelandet.
Vor langer Zeit waren die Frauen in dieser Gegend verantwortlich für den Fischfang. Die Männer waren auf den Tomatenplantagen beschäftigt und die Frauen sorgten für den Fisch auf dem eigenen Tisch aber sie verkauften ihn auch. Ich kann mir das gar nicht vorstellen, aber in den 40er und 50er Jahren wanderten die Frauen von Los Abrigos bis nach San Miguel, Granadilla oder Vilaflor! Mit oft mehr als vierzig Kilo Fisch in den Körben trugen sie ihre Ware auf dem Kopf und oft barfuß mit den Waagschalen in der Hand zu ihren Kunden. Mit Kartoffeln, Gemüse und Eiern kamen sie wieder an die Küste zurück.

Los Abrigos in den späten 60er Jahren
Ursprünglich hieß der kleine Ort El Abrigo. Abrigo heißt auf Deutsch der Mantel aber bitte was hat ein Mantel mit dem Meer zu tun? Angeblich stammt die Bedeutung daher, das hier einer der wenigen natürlich geschützten Häfen im Süden der Insel ist und ein Fischermantel reichte, um sich bei Wind und Wetter zu schützen.

so hat sich der Hafen im Laufe der Jahre verändert
In der Geburtsstunde des kleinen Ortes hat auch ein ehemaliger Sklave eine Rolle gespielt. Klingt absurd oder?
Los Abrigos war ursprünglich ein Unterschlupf aus einigen Hütten, in denen während der Fangsaison für Fische die Mitglieder einer Familie mit dem Namen Marcelino lebten. Im Jahr 1783 heiratete María de la Antigua Camejo, eine junge Frau aus Valle de Santa Inés auf Fuerteventura den freien Mann José Marcelino. José stammte aus Kuba, wurde als Kind nach Teneriffa gebracht und lebte als Sklave auf dem Besitz von Doña Bárbara Josefa Pantaleón in de Icod de los Vinos. Nachdem in dieser Zeit auf der Insel sehr viel Zuckerrohr angebaut worden ist, hat er wahrscheinlich einen Teil seines Lebens auf den Feldern verbracht. Aber das weiß ich nicht genau. Immerhin konnte sich José Marcelino seine Freiheit erkaufen, und eine Familie gründen. Er starb als freier Mann im Alter von 48 Jahren in Adeje. Das Leben seiner Nachkommen ist übrigens sehr genau im Buch „Genealogías del Municipio de Adeje“ bis ins 20. Jahrhundert dokumentiert und einige von ihnen leben heute noch in Los Abrigos.
Auf Teneriffa gibt es derzeit 10 Fischervereinigungen, die aus ungefähr 500 Fischern und 340 Boote bestehen und rund neun Millionen Kilo Fisch ans Land befördern. La Lonja pesquera, der Fischmarkt von Los Abrigos ist einer der besten Orte auf der ganzen Insel, um frischen Thunfisch, Makrele, Sardinen, Samas, Brassen, Garnelen und Tintenfische direkt bei den Fischern zu kaufen.
„Fischers Fritz fischt frische Fische „ – und wo bekommt man sie sonst her? Der neue Fischmarkt von Los Abrigos wurde am 6. Juni 2013 eröffnet und seitdem wird hier im Hafen fangfrischer Fisch verkauft. Mittlerweile wir der überschüssige Fisch dort auch in einem eigenen Raum verarbeitet und verpackt. Die vielen bunten Fischerboote im Hafen sind also keine Dekoration sondern wirklich Teil des täglichen Lebens vieler Bewohner des Ortes.
Versteckt zwischen den Häusern und einem schon ewigem Rohbau steht das kleine Kirchlein des Ortes, la Ermita de San Blas. Hier, auf der Nueva Plaza findet auch jede Woche ein Markt statt. Ich habe gelesen, dass es der einzige Markt ist, der auf der Insel am Abend stattfindet.
Sehenswürdigkeiten sucht man, in dem kleinen Ort vergeblich, aber am Rand der Siedlung findet man einen schönen Sandstrand, La Playa Grande steht auf dem Schild das dort im Sand steckt, und Tauchen soll man hier am felsigen Teil der Küste ebenfalls sehr gut können.
Am Rande des kleinen Hafens reiht sich an einer schönen Promenade ein Fischlokal an das andere und ich kann mir vorstellen, dass hier tatsächlich nur Fisch frisch aus dem Meer auf den Tischen oder besser gesagt auf den Tellern landet.
Wir haben ein lauschiges Plätzchen im Schatten eines riesigen Gummibaumes gefunden und bei dem tollen Ausblick auf den Hafen mit den bunten Fischerbooten auf den Wellen hat der Fisch und der kühle Weißwein noch einmal so gut geschmeckt.
Und was macht man, wenn man keine Aussicht bieten kann? Man klebt die Landschaft einfach an die Wand. Geht doch, oder?
Hier habe ich noch einige Fotos von unserem Spaziergang, viel Spass beim Ansehen und vergesst nicht – es gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken …
wie immer ein toller Bericht
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