Wein, Kastanien und ein Heiliger

Das Wasser und der Wein, das ist so eine Sache. San Andrés ist für den Wein zuständig und Petrus für das Wasser, soviel ist einmal klar. Aber dann wird es kompliziert, denn die zwei Heiligen sind anscheinend nicht gut vernetzt. San Andrés ohne ein paar Wassertropfen von oben erleben wir nur alle paar Jahre.

La víspera del día de San Andrés tiene en Icod de los Vinos una celebración muy especial. Fiesta de San Andrés, das Fest der Kastanien und des neuen Weins, wird jedes Jahr schon am Vorabend des 30. November gefeiert. Vergleichen könnte man es ein bisschen mit dem Martinifest in Österreich. An diesem Tag, also besser gesagt am Abend davor, werden die Weinkeller geöffnet und der neue Wein verkostet. Das Martinigansel bleibt auf der Insel am Leben, den es gibt gesalzene Sardinen, Kartoffeln mit Mojo, Gofio, Kastanien und natürlich dem neuen Wein.

Der Vorabend von San Andrés, der 29. November, ist auf Teneriffa der wichtigste Abend im Weinjahr. Überall wird probiert, verkostet und getrunken und weil man das nicht mit leerem Magen machen sollte, gibt’s dazu – wie üblich – viel zu essen. In unserer Umgebung, also im Westen der Insel, ist es außerdem auch ein besonderes Fest für die Kinder.

In Puerto de la Cruz nennt man den Vorabend von San Andrés Fiesta del cacharro y de la castaña, das Blechfest. El chaccaro bedeutet laut Wörterbuch sowohl Topf als auch Schrott. Damit kann man also sowohl die Töpfe der Maroniöfen als auch die Blechschlangen in Verbindung bringen. Nach altem Brauch wird alles was Lärm macht aneinander gebunden und von den Kindern mit ohrenbetäubendem Lärm durch die Gassen gezogen. Hauptsache laut – ist die Devise. An diesem Abend dürfen die lieben Kleinen ganz offiziell die Erwachsenen mit nervenaufreibendem Lärm bei guter oder schlechter Laune halten. Jede Dose, die laut genug über den Straßenbelag scheppert ist tauglich für diesen Anlass. Die blechernen Dinger werden aneinander geknüpft und in Form von fantasievollen oder unschönen Blechschlangen übers Strassenpflaster gezogen. Der dabei entstehende Lärm ist kein Nebenprodukt sondern der gewünschte Effekt dieser Aktion.

Schrott heißt auf spanisch chatarra. Doch was hat alter Schrott mit neuem Wein gemeinsam? In Puerto de la Cruz und Los Realejos gibt es eine Tradition, deren Ursprung sich im Dunkel der Geschichte verliert. Kinder ziehen mit großem Vergnügen Blechbüchsen, Radkappen und allerhand anderen Schrott und Blech, also alles was Lärm macht an langen Schnüren hinter sich her.

Vor allem in den engen Gassen und Straßen erzeugt das natürlich einen Heidenlärm. Aus diesem Grund ist der Tag von San Andres im Volksmund auch als Dia de los cacharros bekannt. Aber wozu dieser Lärm? Darüber und über den heiligen Mann und seine Verbindung zu diesem Fest gibt es viele Legenden. Es hat also jeder die Qual der Auswahl.

Eine der Geschichten erzählt, dass San Andres, weil der gute Mann lahm war, nicht pünktlich zu Allerheiligen erschien sondern erst mit einem Monat Verspätung auftauchte. Eben am 30. November – und da auch noch borracho, also sternhagelvoll und laut. Wie Betrunkene sich eben aufführen. In einer anderen Legende heißt es, dass er schlicht und einfach verschlafen hat. Deshalb mussten ihn die Kinder mit dem ohrenbetäubenden Lärm wecken. Damit er wenigstens sein eigenes Fest nicht verpasst. Beide Theorien sind plausibel, wenn man San Andres als liebenswerten Canario durchgehen lässt.

Eine dritte, eher dumme These sagt, mit dem Lärm sollen die Kakerlaken vertrieben werden, die sich um diese Jahreszeit breit machen. Das würde allerdings den Ursprung der chatarra in der Küstenzone erklären. Wie auch immer, die Kinder haben ihr Vergnügen, wenn sie in dieser Nacht so richtig laut sein dürfen.  Sie müssen ja den Rest des Jahres still und leise sein. Und jetzt wissen wir auch, warum Schrott auf den Inseln noch immer nicht vollständig entsorgt, sondern teilweise weitläufig in der Landschaft verteilt, sorgsam aufbewahrt wird. Das klingt aber schlimmer als es ist und ist ein ganz anderes Thema.

Laut Information vom Fremdenverkehrsamt der Stadt Puerto de la Cruz treffen sich bei Anbruch der Nacht vom 29. November die Anwohner auf der Plaza del Charco, dem Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens, und ziehen Töpfe und alte Gegenstände, aneinandergereiht an einem starken Draht, hinter sich her. Zitat: „Auf der Plaza können auch die traditionellen gerösteten Kastanien und andere typische Erzeugnisse und Gerichte der karischen Gastronomie wie „cherne“ (Zackenbarsch), „gofio amasado“ (Teig aus Mais-, Weizen- oder Gerstenmehl), „batatas“ (Süßkartoffel) und natürlich der örtliche Wein gekostet werden.“ Zitat Ende

Heute Abend werden nicht nur in Icod de los Vinos sondern auf der ganzen Insel offiziell und sehr stimmungsvoll die ersten Weinflaschen und Fässer mit dem neuen Wein geöffnet und natürlich auch gefeiert! Meistens schickt Petrus dann pünktlich und ziemlich verlässlich ein paar Regentropfen vom Himmel. So wie es im Moment aussieht, hat er dieses Jahr darauf vergessen und Icod darf am Abend in aller Ruhe feiern. 

Castañas y Vino, Kastanien, Wein und Holzbretter – In Icod de los Vinos regieren in diesen Tagen die Tablas. Heute und morgen gehören die steilen Straßen und Gassen tagsüber den kleinen Kindern und – je später der Abend wird – den älteren Jugendlichen! Am Ende der Rutschbahnen, also am Ziel, werden Türme von alten Autoreifen platziert.  Die Teilnehmer dieses Rennens landen mit ihren Gefährten dann, mehr oder weniger, sanft in diesen Gummihaufen. Wenn ihr die Geschichte über diese Tradition lesen wollt, klickt einfach auf den Link am Ende des Beitrags … und falls ihr ebenfalls mitfeiert, denkt daran – „Am Rausch ist nicht der Wein schuld, sondern der Trinker.“  Diese Weisheit ist nicht von mir, das hat Konfuzius schon 500 Jahre vor Christus fest gestellt. 

Am 30. November ist in Icod de los Vinos ein  ganz besonderer Feiertag – Fiesta de San Andrés steht im Kalender … San Andrés in Icod de los Vinos

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6 Antworten zu Wein, Kastanien und ein Heiliger

  1. Pingback: Fiesta de San Andrés im Jahr 2020 | Teneriffa – InselLEBEN einmal anders …

  2. Gisela Lucht schreibt:

    hallo Ingrid, ich habe zu dem Krach noch eine Erklärung. Meine damalige Spanisch Lehrerin Vanessa hat erzählt , dass früher die leeren Weinfässer die steilen Strassen bis zum Meer runter gerollt wurden zum sauber machen . Dies war natürlich mit sehr viel Lärm verbunden. Da die Fässer heute nicht mehr zum Meer gerollt werden wird es durch den Krach der Dosen symbolisiert. Du siehst, Geschichten gibt es vieleLiebe Grüße Gisela und Dieter und eine schöne Adventszeit .Liebe Grüße auch an Georg

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    • Hallo Gisela, da hast du vollkommen recht, die Geschichte habe ich schon in den Beiträgen der vergangenen Jahre beschrieben 🙂 Ich mag diese Geschichten! Euch ebenfalls eine schöne Vorweihnachtszeit und liebe Grüße! Sehen wir uns wieder einmal?

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  3. Anonymous schreibt:

    Wie schön, dass du uns immer wieder an „euren“ Traditionen teilhaben lässt und alles so eindrücklich und interessant beschreibst. Alles Liebe und genießt die Adventszeit! Herzlich, Teda und Günther

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