Auf Teneriffa ist es wieder soweit – die Mandelblüte hat begonnen. Vor allem in der Gegend rund um das Städtchen Santiago del Teide blühen besonders viele Mandelbäume. Hier verwandelt sich Jahr für Jahr die Landschaft mit ihren weißen und rosa Farbtupfern für kurze Zeit in etwas ganz besonders. Die Mandelblüte ist einfach jedes Jahr ein Fixpunkt im Kalender und deshalb haben wir am Montag bei wolkenlosem und fast schon kitschig blauen Himmel einen Spaziergang rund um Valle de Arriba gemacht.

Einen Tag später hätte uns der Calima mit Sand und ziemlich heftigen Windböen den Ausflug mit Sicherheit einen Strich durch die Rechnung gemacht. Glück gehabt kann ich da nur sagen.

Die kleine Siedlung Valle de Arriba liegt gewissermaßen am Ortseingang – oder am Ausgang – von Santiago del Teide und die meisten Urlauber kennen diese Gegend wahrscheinlich nur aus der Vogelperspektive von einem der Aussichtspunkte an der Strasse über den Erjospass.

Hier, in dieser Ecke der Insel ereignete sich vor über hundert Jahren der letzte Vulkanausbruch auf Teneriffa. Es war am 18. November 1909, und obwohl der Ausbruch nur 9 Tage dauerte, flossen die Lavaströme vom Chinyero direkt auf die Stadt zu. In den alten Chroniken wird erzählt, dass die Bewohner der Stadt so verängstigt waren, dass sie die Statuen von Christus und der Jungfrau so nahe wie möglich zum Vulkan brachten. Als sie vor dem Lavastrom ankamen, änderte der plötzlich seine Richtung und die Lava, die mit ihrer Kraft auf ihrem Weg ins Tal alles mit sich riss, hörte zu fließen auf und kühlte bald darauf ab. So wurden die Dorfbewohner auf wundersame Weise gerettet und der Vulkan blieb seit diesem Tag ruhig und friedlich.
Heute sehen wir hier eine blühende Landschaft mit – jetzt noch – blattlosen, braunen Weinfeldern, vielen Mandelbäumen und Riesenexemplaren von Kakteen. Naja, auf diesem Foto sind zwar keine blühenden Bäume zu sehen, aber aus der Ferne sieht auch der größte Mandelbaum nicht spektakulär aus. Deshalb sollte sich auch jeder auf Schusters Rappen auf den Weg machen – beim vorbei fahren versäumt man viel zu viel und die Schönheiten der Natur verbleiben verborgen.

Als die Spanier im Laufe des 15. Jahrhunderts die Inseln eroberten, unterwarfen und christianisierten sie die Guanchen, verfolgten, versklavten und verkauften diejenigen, die sich nicht anpassten. Von der Kultur der Guanchen ist deshalb nur sehr wenig überliefert.

Die spanischen Eroberer veränderten das Leben auf Teneriffa in jeder Hinsicht. Sie brachten nicht nur eine andere Kultur nach Teneriffa sondern auch Tomaten, Kartoffeln und Wein, eben alles, was in ihrer Heimat zum alltäglichen Leben gehörte.

Weil in Spanien die ursprünglich aus Westasien stammende Mandel schon lange eingeführt war, machten die Festlandspanier die Pflanze, die Botaniker Prunus amygdalus nennen, auch auf den Kanarischen Inseln heimisch. Angepflanzt wurden die Mandelbäume meistens entlang der neu angelegten Wege, los caminos de herradura. So nannte man damals Wege, die breit genug waren, um mit Pferden, Maultieren und Eseln und ihren rechts und links aufgehängten Lastenkörben passieren konnte – und man sparte Acker- und Weideland ein.
Fällt euch bei den Fotos der Mandelblüten etwas auf? Es gibt viele verschiedene Farben und Arten. Einmal sind die zarten Blüten schneeweiß und dann wieder romantisch zartrosa. Warum wohl? Ganz einfach, es handelt sich dabei um unterschiedliche Sorten von Mandeln. Auch wenn sie von außen alle gleich aussehen – Mandel ist nicht gleich Mandel!

Eigentlich ist die Farbe der Blüten ja eine Sortenfrage, auf Teneriffa ist es aber eher eine „nicht Sortenfrage„, denn auf der Insel sind die meisten Mandelbäume schon lange nicht mehr sortenrein keiner bestimmten Sorte mehr zu zuordnen. Im Laufe der Zeit, sozusagen über die Jahrhunderte, haben die Bienen ganze Arbeit geleistet und haben dafür gesorgt, dass wir heute die schönsten Farbspiele der zarten Mandelblüten bewundern können. Sie sind quasi verwildert und vermischt. Die Mandelbäume auf Teneriffa sind also wie wir Menschen – bunt gemischt und nicht artenrein – dafür blühen sie, wie es schöner ein Künstler auf einem Gemälde nicht malen könnte.

Die weißen Blüten der Mandelbäume verwandeln sich innerhalb von einigen Monaten in leicht süßliche Mandeln, die wir alle so gerne essen. Wir können sie frisch geknackt direkt vom Baum essen oder sie werden in kandierte Mandeln, Marzipan oder wie man es hier nennt queso de almendras, Turrón, Mandelkuchen und andere Köstlichkeiten verwandelt. Und das Beste an der ganzen Sache ist – diese Süßigkeiten kann man sogar ohne schlechtes Gewissen genießen, denn Mandeln sind obendrein noch sehr gesund!

Die rosaroten Blüten sind zwar wunderschön, doch roh sind die Früchte nicht zum Essen geeignet und für Mensch und Tier ungenießbar. Frisch vom Baum geerntet sind es giftige Bittermandeln. Es geht dabei um die Blausäure in den Früchten und auch wenn rohe Bittermandeln für einen Erwachsenen gefährlich werden können, muss niemand Angst haben, sich zu vergiften. Erstens wird wohl niemand so blöd sein und diese Menge fünfzig bittere Mandeln essen, denn Bittermandeln sind nicht nur extrem bitter, sie riechen auch so und zweitens verschwindet die Blausäure beim Erhitzen der Mandeln. Es gibt also keinen Grund zur Panik! Abgesehen davon, dass heutzutage das Gift der Bittermandeln chemisch entfernt wird und die Mandelkerne hauptsächlich für Kosmetik verwendet werden. Man stellt daraus unter anderem Massageöl oder Cremen her.

Jetzt blühen die Mandelbäume und verwandeln die braunen Felder mit ihren zarten Blüten in eine Frühlingslandschaft. In ein paar Wochen werden die ersten, grünen Blätter sprießen, die Mandeln werden wachsen und reifen und gleichzeitig werden sich die jetzt so märchenhaften Bäume in unscheinbare Laubhölzer verwandeln und in der Landschaft gar nicht mehr auffallen.

Wenn ihr noch mehr über die Mandelbäume und die Bedeutung der Mandel auf den Kanarischen Inseln wissen wollt, lest doch meine Beiträge von den vergangenen Jahren
- Tausche wintergrau gegen weißen Blütenzauber oder die
- Mandelblüte auf Teneriffa
- Blüten, Schnee und Sonne Viel Spass und hasta pronto …
Danke für den tollen Bericht liebe Ingrid……ich liebe das Tal sehr….
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gern geschehen 🙂 Liebe Grüße aus Icod de los Vinos
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