Vor ein paar Tagen sind wir wieder einmal nach Los Silos gefahren und wenn ihr auch zufällig hier in der Nähe seid, solltet ihr das auch tun. Warum? Was sollte man nicht versäumen? Eigentlich ist es ganz leicht zu erklären aber mir fehlen irgendwie die richtigen Argumente. Einige von euch werden vielleicht denken, dieses Thema sei ja nur für Kinder geeignet und andere behaupten die Zeit ist zur Zeit viel zu gefährlich für solche Aktionen und überhaupt nicht geeignet total fehl am Platz aber ich glaube, den meisten wird es ein Lächeln ins Gesicht zaubern…



„Widdewiddewitt und Drei macht Neune !! Ich mach‘ mir die Welt Widdewidde wie sie mir gefällt ….“ hat Pipi Langstrumpf fröhlich trällernd in die Welt hinaus gesungen. „Du siehst die Welt nicht so wie sie ist, du siehst die Welt so wie du bist.“ ist ein Spruch, den ich auf der Seite von Mooji gefunden habe und beide Aussagen treffen den Nagel auf den Kopf. Zumindest für eine kurze Zeit in Los Silos.



Einmal im Jahr findet in Los Silos ein Fest nicht nur für die Kinder statt, el Festival del Cuento. Drei Wochen lang werden gemeinsam Geschichten und Bücher gelesen, es wird Puppentheater gespielt, Theater aufgeführt und noch vieles mehr. Fantasía pura para un genial festival de cuentos. Bei einem Spaziergang durch die Gassen von Los Silos könnt ihr euren Gedanken und der Fantasie freien Lauf lassen.
Beim Erkunden der engen Gassen öffnen sich vor euren Augen Seite für Seite eines Bilderbuches und dort und da entdeckt ihr dann seltsame Figuren, die auf geheimnisvolle Weise aus den Büchern gestiegen sind und neugierig auf ihre Geschichten machen. Das ist die Magie eines Festes, das Jung und Alt verzaubert und verbindet. Ich nehme euch jetzt einmal mit auf einen kleinen Spaziergang durch die Märchenwelt von Los Silos. Ich bin mir sicher, der Ausflug wird euch gefallen.



„Saludos de parte del pulpo del callejón. Dice que, mientras ustedes le miraban con auténtica admiración, él se olvidó del mar, su casa.¡Pobre exiliado en Los Silos!“ Luigi Stinga
Was macht diese Krake soweit weg vom gewohnten Wasser? Ist sie auf der Flucht oder was will sie uns erzählen? Ich bin ihrem Geheimnis leider nicht auf die Spur gekommen, aber sie muss entweder ganz erschöpft oder sehr friedlich sein. Sie hat mich ohne mit der Wimper zu zucken an sich vorbei gehen lassen.



Bis zum Ende des Internationalen Geschichtenfestivals verwandeln die fantasievollen Gestalten aus den Geschichten und Märchen das alte Zentrum von Los Silos in ein Märchenbuch. Die kleinen und großen Kunstwerke der Kinder sind in der Calle El Olivo verteilt und alle Schüler der sechs Schulen und sogar die Kindergartenkinder von Los Silos haben ihren Teil dazu beigetragen.




Unter dem Motto Lachen 2021 haben die Kinder – und ich vermute auch viele Eltern – lustige Figuren gebastelt, die für sie für Lachen, Freude und Spaß typisch sind.
„Mit dieser Aktivität nähern wir uns nicht nur der Welt des Geschichtenerzählens und des mündlichen Erzählens, sondern vermitteln den Schülern auch die Bedeutung des Recyclings in der heutigen Gesellschaft.“
Für die Veranstalter ist Fantasie ein grundlegender Bestandteil von Bildung und aus diesem Grund haben sie ganz bewusst das Thema Lachen für dieses Jahr gewählt. Deshalb bevölkern im Herbst Magie und Fantasie die Straßen von Los Silos und auch die vielen Geschichtenerzähler, Schriftsteller, Illustratoren und andere Künstlern, tragen ihren Teil dazu bei.



Bei diesem Festival verderben nicht viele Köche den Brei, im Gegenteil, sie machen ihn zu einer einzigartigen Spezialität. Es gibt ja auch viele Arten des Lachens. Man kann in Lachen ausbrechen oder eher schüchtern kichern, schmunzeln oder Tränen lachen, glucksen, gackern oder quietschen, herausplatzen oder lautlos lachen. Egal wie, eines ist sicher: Lachen ist gesund!“



Das haben sich anscheinend die Bewohner dieses Hauses gedacht und ihr Fenster passen verschönert. Wie man sehen kann, klappt das auch mit ganz einfachen Mitteln. Ein paar Pappteller, ein Stift und fertig ist das Mondgesicht lachende Gesicht.
Warum sitzt denn dieser kleine Fischer auf der hohen Wand? Hier ist weit und breit kein Meer in Sicht und Bananen sind ja wohl nicht seine gewünschte Beute. Soll ich euch seine Gedanken verraten? „Aquí no se pesca nada. La gente se acerca y solo miran mi careto inflado de hambre y de aburrimiento. Nadie muerde el maldito anzuelo. «¡Ay, qué escultura más linda! ¡Sácale una fotito para el Facebook!», exclaman esos mirones atolondrados de allá abajo.
Frei übersetzt „Hier gibt es keine Fische. Die Leute kommen auf mich zu und schauen mir gelangweilt in mein aufgeblasenes Gesicht. Niemand interessiert sich für den verdammten Köder. „Oh, was für eine schöne Skulptur, mach ein Foto davon für Facebook“, rufen die Gaffer dort unten.


¿De verdad yo nací para esta insoportable quietud de piedra? ¿Para pasar interminables días y noches sobre bloques de hormigón cargando con una estúpida caña que no apunta ni a un fisco de mar? ¿Qué cruel castigo…“ Was habe ich getan, um dieses tragische Schicksal zu erleiden. Nur weil ein Bildhauer sein Geld verdienen will, muss ich als elender Fischer versuchen einen Fisch aus der Luft zu fangen? Habt ein bisschen Mitgefühl mit mir und bringt mir ein paar Sardinen. Hier auf dieser Mauer werde ich keinen einzigen Fisch erwischen und mein Magen knurrt vor Hunger und Langeweile. Glaubt mir, bevor ich geformt wurde, war ich ein sehr glücklicher Mensch.“



Der Künstler, von dem der kleine Fischer so vorwurfsvoll spricht, hat übrigens einen bekannten Namen – es ist Luigi Stinga und der hat auch dem eleganten Ganoven, der ein paar Schritte weiter ganz lässig an ein Wand lehnt, Leben eingehaucht.

Arsène Lupin ist der berühmteste und am meisten bewunderte Dieb in einem schwarzen Mantel, den die Welt je gekannt hat. Na ja, die ganze Welt ist vielleicht ein wenig übertrieben, aber Frankreich und Spanien machen ja auch schon einen großen Teil davon aus und vor allem in diesen Ländern war der Mann ein berühmter und verehrter Held.



Arsène Raoul Lupin war ein geborener Gentleman. Genial und verführerisch handelte der smarte Meisterdieb nach seinen eigenen Gesetzen, gehorchte aber stets einem ritterlichen Ehrenkodex. Er verabscheute Gewalt und tötete dementsprechend nur in absoluter Notwehr. Er war eben ein vollkommener Held, ohne Fehl und Tadel. Sozusagen ein französischer Robin Hood in eleganter Ausführung. Ob er in Los Silos sein nächstes Opfer im Visier hat?



Langsam geht mein Spaziergang zu Ende, dabei gibt es außer den Hauptfiguren noch viele andere Dinge zu entdecken. Unter anderem findet ihre viele wunderschöne Tafeln, wie zum Beispiel diese drei, auf ganz unscheinbaren Hauswänden am Weg durch die Märchenwelt des Städtchens. Sie erzählen kleine Ausschnitte aus Büchern und Geschichten, die zum Thema des Jahres passen und bleiben auch nach dem Festival erhalten.



„In diesem Jahr wollen wir nach Einbruch der Dunkelheit Vorhänge, Türen und Fenster öffnen, um Freiheit, Licht und Freude zu retten. Das Lachen ist das zentrale Element des Festivals und dafür greifen wir nicht nur auf den leichten Witz zurück, sondern auch auf Besinnung und Übertretung, auf alles, was verboten war. Im Mittelalter waren es nur Gaukler und Narren, die durch Lachen sogar den König kritisieren und ihm seine Fehler und Laster vor Augen führen durften.
Nach den Stürmen schien immer wieder die Sonne. Und als sich die grauen Wolken auflösten, kamen die vom Wind, vom Regen und von den Wellen getragenen Gegenstände zum Vorschein. Es waren magische Artefakte, wie das Wort, das Angst hervorruft.
Jetzt ist ein neues Jahr und die Geschichten, die Gedichte, die Worte leuchten wieder in den Straßen von Los Silos. Wir ziehen einen Vorhang aus rustikalem Stoff über die Vergangenheit. Vergessene Stunden, verlorene Minuten und Momente der Einsamkeit werden zurückgelassen. So wie im Mittelalter die große Pest in Europa Geschichtenerzähler und Träumer auf den Plan rief, werden wir auch in diesem Jahr wieder die Türen öffnen und die eingesperrten Geschichten auf die Straße lassen. Die Flamme der wahren Worte wird einige Tage lang brennen.
Viel Spaß!“ Miguel Hernández
Lachen wird oft als etwas Einfaches und Banales angesehen, aber, wie Miguel Hernández richtig sagte, „ist es ein Schwert, mit dem man kämpfen und eine bessere Gesellschaft verteidigen kann.“ Hoffen wir, dass dieses Jahr von Los Silos ein tolles Lachen zu uns kommt.
Die Gesellschaft verändert sich, die Menschen altern, die Gebäude bekommen Risse, aber das Bedürfnis nach Wärme und Verständnis bleibt gleich. Die vielen bunten und schillernden Gestalten werden in einigen Tagen wieder verschwinden. Sie leben dann wie immer in ihrer eigenen Welt, zwischen den Seiten und Zeilen der Märchen und Geschichten. Fein säuberlich aufgereiht im Bücherregal. Aber sie sind nicht tot – wir können sie jederzeit wieder zum Leben erwecken und sie in unsere Welt zurück holen. Wofür haben wir denn unsere Fantasie? Wir sollten sie nutzen…
Sehr interessanter Beitrag der selbst für nicht auf Teneriffa lebenden einen guten Überblick verschafft.
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