Tajinaste rojo und mehr…

Am Sonntag Abend hat uns die Wettervorhersage am Handy für die kommenden Tage Sonnenschein versprochen. Sonne pur, ohne ein Wölkchen! Und welches Wetter hat uns Petrus heute am Montag geliefert? Graue Wolken wohin man schaut! Ich werde die Wetterapp in Zukunft nur noch für ein Wetter Horoskop benutzen. Vorhersagen stimmen so gut wie nie. Leider. Am sichersten ist immer noch der Blick aus dem Fenster. Verlassen kann man sich auf die wissenschaftlichen Wetterfrösche irgendwie nicht wirklich. Leider. Jedenfalls ist es uns am vergangenen Montag so passiert.

Irgendwo scheint auf der Insel immer die Sonne – behaupten zumindest die Verfasser der gängigen Reiseführer und ich muss zugeben, meistens stimmt das auch. Wie sollte es auch anders sein? Auch über den Wolken scheint die Sonne, oder? Also wird nicht gejammert sondern alles für unseren Ausflug zusammen gepackt. Wir wollen dieses Mal auf Grund der bescheidenen Wetterlage nicht irgendwo ans Meer sondern hoch hinauf, wir fahren einfach über die Wolken.

Bevor wir uns auf die Suche nach den roten Tajinasten machen, legen wir noch eine kurze Pause ein. Wir haben Glück und bekommen einen Parkplatz direkt vor den Eingangstoren des Centro de Visitantes El Portillo. In den Räumen des Besucherzentrums kann man sich über die  Flora und Fauna und die Entstehung der Caldera informieren und es wartet sogar die Nachbildung des Inneren einer Vulkanröhre auf die Besucher. Das haben wir uns schon einmal angesehen. Die Ausstellung ist zwar sehr interessant, aber einmal reicht. Wir gehen lieber in den Garten.

Zwischen den Steinen blüht hier das Teide-Mauerblümchen, botanisch korrekt Erysimum scoparium. Diese Blume kam ursprünglich nur in den Cañadas del Teide und auf La Palma vor und wird hier auf der Insel meistens alhelí del Teide genannt. Se conoce como alhelí del Teide, alhelí camaleón​ y alhelí de cumbre. Mittlerweile haben sich aber auch zahlreiche Exemplare in tieferen Lagen, wie im Gebiet rund um Santiago del Teide, angesiedelt.

Uns gefällt vor allem der Garten rund herum. Er ist gar nicht so klein und es gibt immer wieder zu jeder Jahreszeit viel zu sehen. In der Anlage werden nicht nur kleine Pflanzen gehegt und gepflegt. In den Gewächshäusern auf dem Gelände sorgt man dafür, dass die Pflanzenarten der Insel erhalten bleiben und als Unterstützung für diese Arbeit stehen dafür auch spezielle Labors mit Keimschränken und eine Saatgutbibliothekzur Verfügung. Habe ich gelesen. Vielleicht ist diese rosarote Tajinaste ja auch das Ergebnis dieser Arbeit?

Von hier aus hat man einen wunderbaren Blick auf die Umgebung und vor allem eine besonders schöne Aussicht auf den Montaña Blanca und den Gipfel des Teide. Bei einem Rundgang kann man von hier aus bequem die Landschaft betrachten, eine Landschaft, die im Winter weiß von Schnee, im Frühling bunt gefärbt oder im Sommer und Herbst zwar viele Farben hat, aber sehr trocken ist.

An einigen Stellen wirkt die sonst so kahle Landschaft fast wie ein frisch angelegter Park. Der Landschaftsgärtner war in diesem Fall aber die Natur. Ich frage mich oft, woher die Pflanzen wohl ihr Wasser nehmen. Weit und breit nur trockener Sand oder irgendwelche Lavasteine und mitten drinnen wachsen wunderschöne Blumen, die aussehen, als würde jemand jeden Tag mit der Gießkanne vorbei kommen.

Im Moment grünt und blüht es in den Cañadas in Hülle und Fülle und wenn man Glück hat, kann man sein Näschen in die Blüten des weißen Ginsters stecken. Der Duft ist einfach unbeschreiblich und verteilt sich in der Umgebung der Sträucher meterweit. Schade, dass man mit der Kamera nur die Schönheit der Blüten aber nicht den Duft einfangen kann.

In der guten alten Zeit wurde der Teide-Ginster zu verschiedenen Zwecken verwendet. Tiere wurden damit gefüttert, im Stall wurde er wie Stroh genutzt, das Holz diente zum Heizen und sogar Holzkohle wurde daraus hergestellt. Aus Ginster wurden Besen gebunden und mit Hilfe der magischen Kraft der Pflanze konnten sogar Flüche aufgehoben werden. Es kam wie es kommen musste, der Ginster war am Ende fast vom Aussterben bedroht. Damit das nicht passiert, ist er heute geschützt und darf nur noch von den Bienen ausgebeutet werden.

Der Nationalpark von Teneriffa ist zu jeder Zeit einen Ausflug wert, aber jetzt zeigt sich die Landschaft der Cañadas noch einmal um einen Tupfen schöner. Von Anfang, Mitte Mai bis Juni recken sich hier ganz besondere Pflanzen in die Höhe. Der rote Natternkopf, la Tajinaste rojo, mit seinen tausenden, winzigen, intensiv roten Blüten verleiht der steinigen Lavalandschaft eine einzigartigen Flair.

Einen der unvermeidlichen Stopps machen wir immer bei den Minen von San José, den San José Mines. Der Name hat mich schon immer irritiert. Was soll denn hier in Minen abgebaut werden? Sand aus dem Nationalpark? Soviel ich weiß, ist es streng verboten nur ein winziges Steinchen als Souvenir einzustecken. Naja, bei der Namensgebung könnte ja ein Felsgebilde Pate gewesen sein. Vielleicht sieht hier irgend ein Gebilde nach einem Mineneingang aus?

Alles falsch! Der Teide Nationalpark ist zwar 1954 gegründet worden aber trotzdem wurde in diesem Gebiet auf beiden Seiten der Straße, Nord und Süd, Bimsstein abgebaut und bis ins zwanzigste Jahrhundert transportierten jeden Tag mehrere Lastwagen Tonnen Bimsstein von den Gipfeln nach La Orotava. In La Orotava gab es Mitte eine sogenannte Bimssteinfabrik. Hier wurde Vim-Pulver durch Mahlen von Bimsstein hergestellt. Vielleicht hat sogar meine Mutti mit diesem Pulver geputzt? Ich kann mich noch daran erinnern. Damit wurden Kochtöpfe gescheuert und poliert – und anschießend die Abflüsse verstopft.

Die Tradition des Bergbaus im heutigen Nationalpark geht auf das Ende des Ersten Weltkriegs zurück. Aus dem Vulkankessel wurde Schwefel gewonnen wurde und am Montaña Blanca baute man Bimstein ab. Die Abbauarbeiten für Schwefel wurden eingestellt die Genehmigung für den Steinabbau blieb allerdings noch aufrecht. Endgültig eingestellt wurde das Geschäft mit dem Bimstein erst im Jahr 1981. Seit diesem Zeitpunkt verbietet ein neues Gesetzes für den Nationalpark die Suche und Gewinnung von Bodenschätzen aller Art.

So, jetzt ist aber Schluss mit dem Geschichtsunterricht, auch wenn es darüber noch viel zu erzählen gibt. Aber das mache ich ein anderes Mal. Hier sind noch ein paar Fotos von unserem Zwischenstopp bei den Minas de San José und dann nichts wie weiter. Wie wollen ja noch die roten Tajinasten sehen. Die Geschichten aus längst vergangenen Zeiten laufen ja nicht davon.

Die Canarios nennen ihre Tajinaste auch den Stolz Teneriffasel orgullo de Tenerife und sie ist eines der Wahrzeichen Teneriffas. Auf diesem Foto sind also gleich zwei typische Erkennungsmerkmale der Insel Teneriffa friedlich vereint. Sie passen doch perfekt zusammen – das uralte Lavagestein und die königliche Pflanze, die sich erst mühsam ans Licht kämpfen muss, kurze Zeit bewundert wird um anschließend unscheinbar und vertrocknet vom Erdboden verschwindet.

Jetzt ist die Zeit, in der die meisten Tajinasten blühen und nicht nur Touristen, auch viele Tinerfeños fahren in den Nationalpark, um die Blüten zu bewundern. Das war aber nicht immer so, denn vor dreißig, vierzig Jahren kam die Tajinaste rojo viel seltener vor als heute. Wie es dazu gekommen ist? Ganz einfach, in der Vergangenheit war es vollkommen normal, die Ziegenherden im Sommer in den Cañadas weiden zu lassen. Für die Ziegen standen die jungen Pflänzchen ganz oben auf der Speisekarte, die rauen, aber relativ saftigen Rosetten der Tajinasten zählten wahrscheinlich zu ihren Leckerbissen und wurden gerne gefressen. Das war zwar gut für die Ziegen, aber der empfindlichen Pflanzenwelt hat es nicht besonders gut getan.

Als dieses Gebiet 1954 zum Nationalpark erklärt wurde, änderte sich daran nicht viel. Erst in den 90er Jahren war es mit der köstlichen Sommerweide für die Ziegen aus dem Tal endgültig vorbei, ab da durften nur mehr die Bienen an den Blüten naschen. Und obwohl seitdem die schützende Hand des Nationalparks seit Jahrzehnten für mehr Schutz seltener Pflanzen sorgt, müssen sich die Samenkörner der Tajinasten trotzdem jedes Jahr sehr anstrengen um im steinigen Untergrunds ihre Wurzeln schlagen zu können.

Der Tag im Nationalpark war wunderschön und die Flucht aus der grauen Wolkenlandschaft hat sich ausgezahlt. Auch wenn uns die Nebelschwaden auf der Heimfahrt schon bei Santiago del Teide entgegen gekommen sind. Irgendwo auf der Insel scheint immer die Sonne – wenn nicht unter, dann über den Wolken.

Wenn ihr mehr über den rote Natternkopf, la tajinaste rojo, lesen wollt, müsst ihr in meinen älteren Blogbeiträgen nachlesen. Dort findet ihr auch Unmengen von tollen Fotos…

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2 Antworten zu Tajinaste rojo und mehr…

  1. Faltenfreie Seele schreibt:

    5 Minuten auf meiner Hezens-Insel, Danke!

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