Ein Spaziergang an der Küste wäre schön. Möglichkeiten dafür gibt es auf Teneriffa ja wie Sand am Meer, aber wie heißt es so schön? Wer die Wahl hat, hat die Qual. Wir entscheiden uns, wie immer, ganz spontan für den Küstenweg von Mesa del Mar nach El Pris, denn dann können wir um die Mittagszeit dort einen köstlichen Fisch verspeisen…


Auf der Zufahrt nach Mesa del Mar ist der Blick Richtung Teide atemberaubend schön und der Küstenstreifen selbst zeigt sich jedesmal märchenhaft und fast mystisch. El Pris und Mesa del Mar liegen ja ganz knapp nebeneinander, mit dem Auto ist es von einem Städtchen zum anderen trotzdem ein langer Weg. Logisch, einen geraden Weg gibt es nicht, man muss jedesmal nach oben auf die Hauptstraße und einige Meter weiter wieder eine kurvige Strasse nach unten fahren. Doch wozu hat der Mensch zwei Beine? Wenn man den Weg direkt an der Küste wählt und zu Fuß geht, ist man in einer guten Viertelstunde im Nachbardorf. Es ist nur ein paar Meter mehr als ein Kilometer und der Weg ist keine Wanderung sondern ein angenehmer Spazierweg an der Küste.


Mesa del Mar ist ein winziger Ort, gehört zu Tacoronte und wurde 1497 von Sebastian Machado aus Guimarães, einer kleinen Stadt im Norden Portugals, gegründet. Die ersten Siedler lebten in Berghöhlen an der steilen Küste, aber durch die Nähe zum Meer und den fruchtbaren Böden war für Mensch und Tier ausreichend Wasser und damit auch Nahrung zur Verfügung. Mesa del Mar war damals ein kleines Fischerdörfchen – heute kann man davon nichts mehr erkennen. Der Tourismus der 60er Jahre hat erfolgreich zugeschlagen.
Das Wahrzeichen Kennzeichen von Mesa del Mar ist sicher das riesige, blaue Hochhaus direkt an der Küste.Wenn man die steile Serpentinenstraße nach unten fährt, fällt der erste Blick gezwungener Maßen sofort auf ein zwölf Etagen hohes blaues Haus. Das ehemalige Hotel Mar y Sol stammt noch aus längst vergangenen Tagen, aus einer Zeit, als der Tourismus hier noch boomte. Viele Jahre war stand es in einem ziemlich verwahrlosten Zustand in der Gegend. Mittlerweile ist das Haus renoviert worden und die Hotelzimmern wurden in über zweihundert Wohnungen umgewandelt. Der Tourismus hat sich schon vor Jahren aus dem Staub gemacht und ist in den Süden und auch nach Puerto de la Cruz abgewandert.

Wenn man sein Leben nicht mehr im Griff hat, könnte es passieren, das man auf der Strasse landet, also auf der Strasse wohnt. In Mesa del Mar kann man allerdings auch unter der Strasse wohnen. Ihr glaubt das nicht? Ist aber eine Tatsache. Im Los Ficus ist ein Leben unter dem Asphalt möglich. Anfang der 60er Jahre haben sich drei Männer, Arcadio Pérez, sein Förderer Raymon Wilfart und der Architekt Carmelo Rodríguez, zusammengetan und ein waghalsiges Projekt gestartet. Mit dem Bau wollten sie mit einer scheinbar nicht machbaren Straße den Zugang von Fahrzeugen zu einem abgelegenen Gebiet ermöglichen. Sie haben es geschafft, das letzte Stück Straße und ein Wohnhaus, Los Ficus, auf engstem Raum unterzubringen.

„… sie trotzten der Natur und bauten eine unmögliche Straße durch die Klippe. Seine eigenen Brüder nannten die Operation verrückt, da diese Ländereien angesichts des steilen Abhangs und der Zusammensetzung des Landes keinen offensichtlichen Nutzen hatten.“ schrieb Luis E. Hernández Gutierrez in seinem Buch über die Geschichte Tacorontes.



Um eine Straße zu bauen, die nichts anderes als eine Zufahrtsrampe zum Parkplatz der Häuser ist, wurde also ein Gebäude mit sechzig Wohnungen gebaut. Eine merkwürdige Art von Schöner Wohnen, oder? Die Kombination Wohnhaus und Strasse statt Dach über dem Kopf würde mir nicht gefallen. Im oberen Stockwerk würde der Verkehr nicht vor der Tür an mir vorbei donnern, nein, der Bus würde direkt über meinem Kopf durch die Wohnung fahren. Zumindest gefühlt. Eindeutig keine gute geeignete Wohngegend für mich, denn dieses Gefühl kann auch der traumhafte Meeresblick nicht aufwiegen.



Trotz der Bausünden gibt es in diesem kleinen Ort auch schöne Flecken. Auf den ersten Blick sieht man sie zwar nicht, aber wenn man durch den Fußgängertunnel in der Felswand geht, kommt man zu einem tollen Strand mit dunklem Vulkansand. La Playa de la Arena, ist relativ breit und flach und liegt in einer weiten, geschützten Bucht. Außerhalb der Saison ist hier, im Gegensatz zu den Monaten im Sommer, nicht viel los, aber den Strand lassen wir dieses Mal sowieso links liegen.


Rechts vom Meerwasserschwimmbecken, direkt neben dem abgesperrten alten Freibad, beginnt der Weg entlang der Küste, der nach etwas mehr als einem Kilometer in El Pris endet.



In der letzten Kurve vor dem kleinen Ort, verstecken sich noch zwei ganz besondere Wohnungen direkt im Felsen. Wir beobachten die beiden Hausbauten schon seit einigen Jahren und ich muss sagen, schön langsam verwandeln sie sich fast in Luxuswohnungen. Sogar eine Fernsehantenne ist bereits vorhanden…


Die letzten paar Meter des Weges sehen auf den Fotos gefährlicher abenteuerlicher aus als sie es in der Realität sind. Der Weg ist zwar ab hier schmal und holprig, aber die Felswände wurden vor nicht langer Zeit mit festen Eisennetzen umfangen und sind damit ziemlich gut vor Steinschlag geschützt. Kurz nach einem Regen würde ich allerdings nicht unbedingt hier vorbei gehen. Man weiß ja nie – nicht immer kommt alles Gute von oben…



El Pris wird in vielen Reiseführern ganz gerne als idyllischer Fischerort, in dem die Zeit stehen geblieben ist, bezeichnet. „Ein unberührtes, einfaches Fischerdorf an der Nordküste von Teneriffa, an dem der Tourismus bislang spurlos vorüber gegangen ist. Es gibt ein Meerwasserschwimmbecken, zwei Fischrestaurants und einen idyllischen Spazierweg hinüber zum schwarzen Sandstrand von Mesa del Mar.“ So oder ähnlich wird der kleine Küstenort beschrieben.


Die so schön beschworene Idylle fürs Auge ist zwar nicht überall im Ort zu finden, aber dafür schlagen fast das ganze Jahr über die kräftigen Wellen des Atlantiks laut tosend und mit voller Wucht gegen die dicken Steinmauern an der Küste – und die Luft riecht nach Meer pur.


Die kleinen, bunten Fischerboote sind in El Pris nicht nur als romantische Dekoration in einer Blumeninsel vor einem Markt oder an einer Straßenkreuzung aufgestellt, sie sind überlebenswichtig für die tägliche Arbeit der Menschen. Hoffentlich gibt es die Fischer und den Fischreichtum an der Küste der Kanarischen Inseln noch viele, viele Jahre. Auch wenn die Küstenfischerei selbst absolut nichts mit Romantik, sondern mit knochenharter Arbeit zu tun hat.



Wer nach einer Ausfahrt aufs Meer keinen Fisch im Netz hat, verdient keinen einzigen Cent, die Arbeitszeit hat auch nicht viel mit einem acht Stundentag zu tun und vor allem im Winter sind der Wind, das Wetter und der Atlantik eine besondere Herausforderung für die Männer. Der Fischfang im Atlantik ist keine Arbeit für Jammerlappen und trotzdem sagen viele der alten Fischer, dass sie den schönsten Beruf der Welt hätten.



Leider mussten wir dieses Mal ohne das geplante Essen nach Mesa del Mar zurück gehen. Anscheinend haben die Besitzer des Fischlokals gewechselt und zur Zeit öffnet es erst um fünf Uhr am Nachmittag. Schade, aber so lange wollten wir dann doch nicht warten und so musste eine Pause mit einer Flasche Wasser auf der Mauer neben dem Schwimmbecken reichen. Schön war’s trotzdem!



•*¨*•❥ “Das interessanteste Geschöpf der Zoologie ist der Fisch. Er wächst noch, wenn er längst verspeist ist. Wenigstens in den Augen des Anglers.“ Diese Behauptung ist nicht von mir sondern von Ernest Hemingway

Das wohnen unter der Strasse hab ich noch nie gesehen / bzw gelesen. Interessanter Bericht. Liebe Grüsse Anja
LikeGefällt 1 Person
Guten Morgen aus Heiligenhaus! Ich habe die selben Bilder aus El Pris . In dem Restaurant waren wir schon paar mal essen. Liebe Grüße aus Heiligenhaus
LikeGefällt 1 Person
wann seid ihr denn das letzte Mal dort gewesen? War da noch das alte Fischlokal oder schon das Neue? Wir waren ganz überrascht…
Liebe Grüße nach Heiligenhaus – wann kommt ihr denn wieder?
Alles Gute!
LikeLike
Das Zitat vom Fisch der noch wächst hat mich echt zum Lachen gebracht.
Wie wahr.
Das ist ein sehr interessanter und fein bebildeter Beitrag.
Was es nicht alles so gibt, ich hab gestaunt.
Liebe Grüße Brigitte
LikeGefällt 1 Person
ich glaube, den Spruch kannst du auch bei Jägern anwenden 🙂 Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!
Ingrid
LikeGefällt 1 Person