Barcelona – Parc de la Ciutadella

Von der Dachterrasse unseres Hotels haben wir eine tolle Aussicht auf einen Park, der direkt gegenüber liegt. Hier haben wir gestern bei Sonnenuntergang und einem Glas Cava den Abend eingeleitet.

Naja, Barcelona hat viel zu bieten, aber mit einem spektakulären Sonnenuntergang wird das nichts. Erstens versinkt die Sonne hier nicht im Meer sondern verschwindet irgendwo hinter einem Hügel und zweitens versteckt sie sich heute auch noch ganz verschämt und ziemlich schnell hinter dunklen Wolken. Aber egal – die Aussicht Richtung Meer ist trotzdem schön und falls es morgen wirklich regnen sollte macht das auch nichts. Wir sind ab dem Nachmittag weg und Barcelona kann den Regen gut gebrauchen.

Bevor wir die Stadt heute Mittag Richtung Costa Brava verlassen, machen wir noch einen Rundgang durch den Park mit dem schönen Namen Parc de la Ciutadella, dem Zitadellenpark. Das klingt schön, aber es muss einen Grund geben, warum der Park so und nicht anders heißt. Eine Zitadelle ist ja eine Festung, die bei der Erstürmung einer Stadt als Zufluchtsort für die Soldaten dient. Also kurz gesagt, so etwas wie der letzte sichere Ort im Falle eines kriegerischen feindlichen Angriffs. Ein Bauwerk dieser Art ist aber nirgends zu sehen und eigentlich dachte ich, dass hier die Weltausstellung stattgefunden hat.

Da habe ich mich auch nicht getäuscht, doch davor stand hier das wohl meistgehasste Bauwerk der Stadt. König Felipe V. hatte, nach Ende des blutigen Erbfolgekriegs und der Erstürmung der Stadt Barcelona, 1715 eine riesige, fünfeckige Festung errichten lassen. Einerseits für die Verteidigung der Stadt und zum anderen um die Bevölkerung von Barcelona, die während des Kriegs mit Felipes Gegner, Erzherzog Carlos, sympathisierte, fest im Griff zu haben.

Über tausend Wohnhäuser, Klöster und sogar Krankenhäuser wurden abgerissen. Große Teile der Altstadt, vor allem das ehemalige Fischerviertel, wurden praktisch dem Erdboden gleichgemacht. Irgendeine Entschädigung gab es für die Bewohner – Fehlanzeige! Obdachlos und ohne Abfindung wurden sie einfach ihrem Schicksal überlassen.

Zusätzlich wurde eine Stadtmauer gebaut. Die Einwohner von Barcelona wurden erbarmungslos in den Würgegriff genommen und die Stadt konnte nicht mehr wachsen. Innerhalb der verhassten Stadtmauer wurde es sehr dunkel und in den stickigen und engen Gassen, immer in Reichweite der Kanonen der Zitadelle, waren die Lebensbedingen der Menschen nicht besonders schön. Was wir heute als romantische Altstadt bestaunen und lieben, war für die Bewohner etwas ganz anderes. Vor allem war es der Versuch des spanischen Königs, die aufmüpfigen und ungehorsamen Katalanen zu beherrschen.

Die demokratischen Einrichtungen der Katalanen waren dem König aus Kastilien schon lange ein Dorn im Auge und wurden kurzerhand abgeschafft. Auch die katalanische Sprache wurde verboten und es durften keine Bücher in dieser Sprache mehr gedruckt werden. Da der größte Teil der Katalanen jedoch weder lesen noch schreiben konnte, war diese Verordnung ziemlich nutzlos. Katalanisch war die einzige Sprache, die die Mehrheit der Einwohner schon immer gesprochen hatte und auch weiterhin sprach. Daran konnten auch die königlichen Dekrete nichts ändern.

So vergingen die Jahrzehnte und erst gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts wurde der längst überfällige Abriss der Stadtmauer und der verhassten Zitadelle möglich. 1868 übergab die spanische Regierung unter General Prim die Zitadelle der Stadt Barcelona und die Festung wurde eingerissen. An ihrer Stelle sollte ein öffentlicher Park entstehen. Ein Heer von freiwilligen Männern schlug in jahrelang andauernden Arbeiten die dicken Mauern der Ciutadella ein.

Von der alten Zitadelle sind nur einige Gebäude stehen geblieben. Eines davon ist das ehemalige Arsenal. Das erste Mal wurde es für die Weltausstellung umgebaut und war kurzzeitig die Residenz der königlichen Familie. Nach weiteren Umbauten tagt in diesen alten Mauern heute tagt das katalanische Parlament, von hier aus wird Catalunya also regiert.

Der gesamte Ciutadella Park in seiner jetzigen Form ist also ein Produkt der ersten Weltausstellung in Barcelona. Man findet dort noch immer einige Gebäude, die an diese Zeit erinnern, einen kleinen See, grüne Wiesen, viele Bäume und so manch andere Überraschung.

Der schönste Brunnen, den ich seit langem gesehen habe, steht gleich hinter einem der vielen Eingänge des Parks. La Gran Cascada oder Cascada monumental, auf deutsch der große Wasserfall, ist nicht zu übersehen. Die schmiedeeisernen, vergoldeten Teile der Skulpturengruppe La Quadriga de la Aurora, die das Bauwerk krönt, haben wir ja bereits gestern Abend von der Dachterrasse aus gesehen. Der märchenhafte Brunnen hat zwei Stockwerke, Unmengen an Statuen aller Art und ist für mich eine Mischung aus Triumphbogen, Wasserfall, Brunnen und Teich.

Erbaut wurde das Kunstwerk nicht für die Weltausstellung sondern schon zwischen 1875 und 1888 – und was viele nicht wissen – auch Antoni Gaudí hatte seine Finger im Spiel. Er war damals noch Student und arbeitete als Zeichner für Josep Fontserè, dem Architekten, der mit der Errichtung des Parks beauftragt war. Gaudi sollte dafür den Wasserplan und den Springbrunnen entwerfen.

Der Eingang der Ausstellung befand sich dort, wo heute noch der imposante Arc de Triomf steht. Rechts und links verteilten sich die Pavillons, die nach dem Ende der Exposició Universal de Barcelona fast alle wieder abgerissen wurden.

Castell dels Tres Dragons

Die Burg der drei Drachen, el Castell dels Tres Dragons wurde ebenfalls für die Weltausstellung von 1888 gebaut. Zur Zeit der Weltausstellung war es ein Kaffeehaus und ein Restaurant für die hungrigen Besucher. Hier gingen die eleganten Damen und Herren ein und aus, um eine kleine Verschnaufpause einzulegen oder vielleicht auch, um wichtige Leute zu treffen.

Castell dels Tres Dragons

Nach der Ausstellung wurde es als Atelier und später als Zoologisches Museum mit präparierte Tieren aller Art genutzt. Heute gehört das Gebäude zum Zoologischen Museum

Was wäre die Parkanlage ohne den in ihr befindlichen See? Garantiert nur halb so schön! In den frühen Vormittagsstunden sieht es hier noch sehr ruhig aus, aber gegen Mittag hat sich das Bild grundlegend verändert. Die Ruderboote liegen nicht mehr einsam und verlassen im Wasser. Begleitet von laut schnatternden Enten und Möwen werden sie von mehr oder weniger begabten Sportlern über den Teich gerudert.

Und dann gibt es noch zwei Gewächshäuser. El Hivernacle, beeindruckt durch seine Mischung aus Glas und Eisen. Eigentlich für die Zucht von tropischen Pflanzen gedacht, diente er bei der Weltausstellung als Empfangs- und Vortragssaal. Später fanden hier Ausstellungen statt und Kanarienvogelzüchter wetteiferten darum, wer den schönsten Vogel im Käfig hat. Dann kam der Spanische Bürgerkrieg. Keine gute Zeit für das fragile Gebäude. Bomben fielen auf Barcelona und richteten auch hier Schaden an. Erst in den 60er Jahren wurden die beiden Häuser von Grund auf renoviert. Für kurze Zeit war hier ein Restaurant, das 2006 seine Küche schloss und dann versank der Wintergarten endgültig in einen langen, Dornröschenschlaf. Wie man sieht, wurde den Räumen vor einigen Jahren abermals neues Leben eingehaucht und sieht nun wunderschön aus.

Einige Meter davon entfernt steht das zweite Gewächshaus, el Umbracle. Statt aus Glas und Eisen, wie das Hivernacle, besteht dieser Wintergarten aus Holz und Steinen und wurde für Dschungelpflanzen, die kein direktes Sonnenlicht vertragen, gebaut. Hier wächst auch jetzt ein grüner, wenn auch ziemlich übersichtlicher Urwald.

Und da wäre dann noch etwas – ein Mammut! Warum steht denn dieses Tier hier im Schatten der Bäume? Als Fotomotiv für Kinderfotos? Dafür ist es wohl ein bisschen aufwendig, oder? Nein, es hat einen wissenschaftlichen Grund, denn in der letzten Eiszeit vor circa dreißigtausend Jahren lebten anscheinend viele Mammute im nördlichen Spanien. Nahe Barcelona wurden Überreste von Mammuts gefunden und ich habe gelesen, dass es in Barcelona sogar ein Mammutmuseum gibt. Nachdem es auf diesem Gelände allerdings schon seit 1892 einen bekannten Zoo gibt, wundert es mich, dass der Koloss aus Urzeiten seinen Platz fast direkt neben dem wunderschönen Brunnen und nicht unter tierischen Gefährten im Zoo gefunden hat.

Wir machen uns jetzt schön langsam auf den Weg Richtung Bahnhof von Barcelona. Dort holen wir um die Mittagszeit unseren Mietwagen und dann geht die Reise weiter. Ich bin gespannt, wo wie heute Abend landen werden. :o) Ihr könnt also neugierig bleiben.

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