Tossa de Mar

Nach einer kilometerlangen Fahrt durch Wald und Wiesen sind wir gegen Abend in Tossa de Mar gestrandet. Jetzt wäre es an der Zeit, ein Zimmer für die Nacht zu bekommen und abgesehen davon, wäre ein Abendessen auch nicht zu verachten . Bei den ersten zwei Hotels hat es zwar nicht geklappt, aber siehe da, beim dritten Anlauf war alles im grünen Bereich – inklusive einem Schlafplatz für unseren fahrbaren Untersatz. Zu der Zeit haben wir noch gar nicht gewusst, welches Glück wir hatten, denn im Grunde genommen waren wahrscheinlich so ziemlich alle Hotelbetten ausgebucht.

Wenig später sitzen wir gemütlich an einem Tisch in einer der Strandbars und genießen erst einmal den Sand unter den Füssen, die warmen Sonnenstrahlen im Gesicht und freuen uns auf ein kühles Getränk. Es ist ziemlich viel los am Strand aber irgendetwas ist eigenartig. In Lloret de Mar bestand die Mischung im Sprachencocktail aus deutsch, englisch und spanisch. Dass katalan etwas anders klingt als spanisch haben wir schon in Barcelona mitbekommen. La plaza ist la plaça, la playa la platja und statt la salida steht bei Abfahrten auf den Straßen la sortida. Adiós wird zu adéu und statt danke, also muchas gracias, sagt man moltes gràcies. Aber hier schwirrt uns eindeutig französisch um die Ohren. Haben wir uns verfahren und sind irrtümlich in Frankreich gelandet?

Im Hotel wurde das Rätsel später gelöst. In Frankreich ist irgendein Feiertag im Kalender und da das Land der Franzosen nur einen Katzensprung von hier entfernt ist, ist in Tossa de Mar für drei Tage Hochsaison. Jetzt ist natürlich alles klar. Das war auch der Grund, warum wir uns bei der Zimmersuche ein wenig schwer getan haben. Aber wer denkt an Feiertage in einem anderen Land? Ich bin schon froh, wenn ich mir die spanischen Festtage merke :o) Egal, ist ja alles gut gegangen und vor uns liegt eine schöne Zeit in einem malerischen Städtchen.

Tossa de Mar

Falls ihr euch über die disziplinierte Menschen Schlange am Strand wundern solltet – die Leute stehen alle ganz geduldig für eine Bootsfahrt entlang der Küste an. Die Bootsanlegestelle ist direkt am Platja Gran, dem großen Hauptstrand der vor dem Hügel mit der Altstadt liegt.

Das Städtchen ist bekannt für seine Altstadt, la Villa Vella, die komplett von einer wuchtigen Stadtmauer mit hohen Türmen eingeschlossen ist. Die Festung von Tossa de Mar wurde zwischen dem zwölften und vierzehnten Jahrhundert, wie könnte es anders sein, zur Verteidigung gegen Angriffe von Piraten aus Nordafrika gebaut. Sie soll, laut Reiseführern, die einzige noch befestigte, mittelalterliche Stadt an der katalanischen Küste sein.

Direkt vom Strand weg führt ein alter, gepflasterter Weg schnurstracks in eine andere Welt. Und auch wenn heute viele Touristen den kleinen Ort bevölkern, ist die Atmosphäre innerhalb der Stadtmauern und in den engen Gassen zwischen den mittelalterlichen Häusern ganz anders als draußen vor dem Stadttor. Stolze sieben Wehrtürme wurden entlang der Mauer gebaut, vier große und drei kleinere Türme. Die dicke Stadtmauer aber vor allem die wunderschönen Rundtürme mit Zinnen wirken wie Motive für ein Märchenbuch. Von hier aus sieht man fast aus der Vogelperspektive auf die Bucht von Tossa. Heller Sand. der das blaue Meer zärtlich umarmt, bewaldete Hügel die eine weiche Grenze zwischen Himmel und Erde ziehen. Wenn das nicht wie ein Gemälde aussieht was dann?

Auf dem halben Weg nach oben stehen noch die Überreste einer ehemaligen Kirche. Es ist die Ruine der Esglesia Vella de Sant Vicenç eine Kirche aus dem 15. Jahrhundert. Während der französischen Besatzung im frühen neunzehnten Jahrhundert wurde in der Kirche Munition gelagert und am Ende sollen die Truppen Napoleons, angeblich versehentlich, einen Sprengsatz in das alte Bauwerk geworfen haben. Damit war die Kirche Geschichte. Den Rest haben die Bewohner der Stadt erledigt, denn sie versorgten sich anschließend hier mit Baumaterial für ihre eigenen Häuser. Deshalb stehen an dieser Stelle nur noch die Grundmauern.

Für Kirchgänger ist das ehemalige Gotteshaus nicht mehr interessant und statt Kirchenlieder hört man nur noch das Klicken der Fotoapparate. Für die Besucher der Altstadt sind die Mauern jedoch ein begehrtes Fotomotiv, vollkommen verständlich, oder? Die Aussicht von hier ist traumhaft schön.

Am höchsten Punkt, sozusagen am Gipfel des Hügels, stand früher eine Burg, die aus einem Wachturm und einem rechteckigen Raum bestand. Seit 1917 steht an dieser Stelle der Leuchtturm von Tossa. Wir haben uns auch die Ausstellung in den ehemaligen Wohnräumen des Leuchtturmwächters angesehen, auf den Leuchtturm selbst kann man leider nicht hinauf. Schade, aber irgendwann gelingt es auch mir auf einen Leuchtturm zu klettern, wenn nicht hier, dann woanders!

Bei einem Spaziergang durch die verwinkelten Gassen entdeckt man überall verträumte Plätzchen und schöne Hausfassaden. Kein Wunder, denn bei der Restaurierung der Häuser wacht die Stadtverwaltung mit Adleraugen darüber, das alles im mittelalterlichen Stil erhalten bleibt.

So sind alle Gassen mit Kieselsteinen gepflastert und viele Häuser mit den wunderschönen gotischen Fenster und Türen wurden weder vernachlässigt noch verkitscht. In den Gärten grünt und blüht es, da und dort stehe Blumentöpfe mit bunt blühenden Blumen und für die restlichen Farbklekse sorgen die Souvenirgeschäfte, die ihre Waren auch vor den Geschäften ausstellen.

Wenn man vom höchsten Punkt der Altstadt wieder nach unten möchte, hat man die Qual der Wahl. Entweder man geht ganz gemütlich durch die Gassen nach unten oder man entscheidet sich für den Weg Richtung Küste. Nachdem es erst früher Nachmittag ist, wollen wir noch ein bisschen mehr von der Landschaft sehen, also biegen wir Richtung Wanderweg ab.

Schon nach einem kleinen Stück auf dem schottrigen Weg haben wir eine tolle Aussicht auf die Stadt und die Küste, die sich bis jetzt hinter dem Hügel der alten Stadt versteckt hat. Es ist traumhaft schön. Von hier aus sieht man erst, wie mächtig diese dreihundert Meter lange und zwanzig Meter hohe Stadtmauer ist.

Tossa de Mar

Weiter geht es durch einen schütteren Wald, einmal auf, dann wieder ab und eigentlich könnte man noch lange so weiter gehen, wenn da nicht das Bauchgefühl sagen würde, dass es irgendwann Zeit für ein anständiges Essen wäre. Auch wenn die Aussicht noch so schön ist, machen wir uns, langsam aber sicher, auf den Weg Richtung Zivilisation. Der Hunger knurrende Bauch ist eindeutig Sieger!

Tossa de Mar

 

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