Es soll ja viele Wege geben, die zum Ziel führen – aber wie nennt man Umwege, die man nur fährt, weil wegen einer Baustelle plötzlich eine Strasse gesperrt ist und man eigentlich gar kein Ziel hat? Klingt ein bisschen verworren, oder? Aber so ist es uns am Montag passiert.
So ungewöhnlich ist das eigentlich gar nicht. Auch im Leben weiß ich nicht immer welche Abzweigung mich ans Ziel bringt, oft kenne ich das Ziel ja gar nicht genau. Im Nachhinein stellt sich oft heraus, dass mich Umwege nicht nur schneller ans Ziel geführt haben. Im Gegenteil, ich habe sogar Orte gefunden, von denen ich vorher gar keine Ahnung hatte. Wer weiß, ob ich sie gefunden hätte, wenn ich danach gesucht hätte. Ich bin mir sicher, Umwege sind besser als ihr Ruf. Die direkte Verbindung von A nach B ist zwar meistens schneller, aber nicht immer schöner. „Geh nicht nur die glatten Straßen. Geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.“ ist ein Zitat von Antoine de Saint-Exupéry und wie in jeder alten Weisheit ist mindestens ein wahres Körnchen darin versteckt.

Aber jetzt endlich zu unserem Ausflug zurück. Wir sind also ganz gemütlich auf der Landstrasse Richtung La Matanza gefahren und hatten kein bestimmtes Ziel im Kopf. Als wir durch die Umleitung irgendwo im Ort gelandet sind, haben wir das Auto kurzerhand an den Strassenrand gestellt und uns zu Fuß auf Entdeckungstour begeben. Als wir schon wieder zurück gehen wollten habe ich im letzten Moment in den Augenwinkeln ein auffälliges Eingangstor entdeckt. So haben wir, durch Zufall oder einen Umweg, einen riesengroßen Park entdeckt.

Der Parque El Montillo ist mit einer Fläche von drei Hektar der größte Park in diesem Gebiet und wenn die Anlage endgültig fertig wird, soll sie sogar doppelt so groß werden. Doch bis dahin werden vermutlich noch einmal zehn Jahre ins Land gehen, denn in der zweiten Phase will die Gemeinde Matanza einen unter anderem einen Lorbeerwald anpflanzen.

Die aufwendigen Arbeiten für dieses riesigen Projekt begannen im Jahr 2009 und bis jetzt wurden mehr als 350 Bäume gepflanzt, darunter endemische Arten wie Drachenbäume, und Palmen aber auch Heidekraut, Mandelbäume, Pflaumen- und Birnenbäume. Bei den Gartenarbeiten wurden auch Kinder aus den Schulen mit eingebunden, denn sie sollen schon als Kinder begreifen, wie wichtig eine intakte Natur für uns alle ist.

In diesem Park wurde an fast alles gedacht. Passend zu Teneriffa gibt es ein römisch angehauchtes Amphitheater, einen tollen Spielplatz mit einer besonders schönen Aussicht, die man sonst nur auf Friedhöfen findet, eine Kletterwand, einen Wasserfall und einen See und noch viel mehr.

Okay, See ist ein wenig übertrieben, aber laut einem Schild am Ufer könnten Kinder hier mit Tretbooten fahren. Ich habe leider keine bunten Boote gesehen aber es gibt ein Foto vom Ayuntamiento und eine Erklärung, dass an den Booten noch einiges verbessert werden müsse. Deshalb funktioniert dieses Angebot momentan nur an den Wochenenden.

Das gilt wahrscheinlich auch für den großen Wasserfall, denn davon konnte ich auch nichts sehen. Das schwache Rinnsal, das von einem Absatz auf den anderen tropfte, kann ich beim besten Willen nicht Wasserfall nennen. Wahrscheinlich wird unter der Woche Strom gespart und die Umwälzpumpe abgeschalten. Das ist auch nichts Neues auf der Insel und durchaus üblich, die Wasserfälle im Taoro Park in Puerto de la Cruz machen ja auch siesta Mittagspause.

Direkt neben der Bootsanlegestelle können sich die Kinder auf dem Spielplatz austoben. Unsere Kinder hätten sich über diesen Platz gefreut, aber wir waren ebenfalls sehr zufrieden, denn in diesem Park, ich konnte es kaum glauben, gibt es keinen lieblos hingestellten Kiosk sondern eine nett eingerichtete Cafeteria mit vielen Tischen im Freien. Im Schatten eines Olivenbaumes sitzt man einfach herrlich! Bei unserem Spaziergang sind wir auch noch an einem Spielplatz für Hunde vorbei gekommen und wie viele Geräte es für jeden Muskel des Körpers an den verschiedenen Plätzen aufgestellt sind, weiß ich nicht. Es sind unzählige.

Die obligaten Skulpturen dürfen natürlich nicht fehlen. Im oberen Teil des Parks stehen zwei mehr als zwei Meter hohe Figuren, die an den Wert der Bauern vor allem in diesem Gebiet von Acentejo erinnern sollen. Ich bin mir sicher, dass sie in Zukunft noch auf vielen Fotos auftauchen werden. Apropos Lebensmittel, wer sein Essen selbst mitbringt findet im ganzen Park verstreut Bänke und Tische um sein Piknik zu genießen. Einem Familienausflug steht also nichts im Wege. Da ist für jeden etwas dabei und wenn jemand zu viel gegessen hat, kann er ja anschließend ein paar Turnübungen machen. Dann ist wenigstens das Gewissen beruhigt, oder?

Ich habe bestimmt nicht jedes Detail aufgezählt, aber eines kann ich mit Sicherheit sagen – Hut ab vor denjenigen, denen dieses Konzept eingefallen ist. Ein Park in dem Kinder und Erwachsene ihre Freizeit erleben können, ein Erlebnispark im wahrsten Sinne des Wortes – und das in einer Gemeinde, die nur ein paar tausend Einwohner hat. Wo Kinder gefahrlos im Grünen spielen können, ohne Autos und sichtbare Grenzen. Wo Erwachsene zwar ein wachsames Auge auf ihre Kinder haben sollten aber nicht immer auf dem Sprung sein müssen. Weit weg vom hektischen Alltag und doch fast zu Hause. Ich finde es toll!

Was ich fast vergessen hätte… Auf den Toren und Schildern in diesem Park ist überall ein Käfer verewigt. Ich konnte mir überhaupt keinen Reim drauf machen, aber ich habe mich schlau gemacht. Es handelt sich um Pimelia radula radula, einem endemischen Käfer, der vom Aussterben bedroht ist. Der Verband der Naturfreunde Teneriffas verlangte daher eine Untersuchung der Regierung um das Vorhandensein oder das Nichtvorhandensein dieses Käfers zu klären. Laut einem Zeitungsbericht soll der Käfer in dem Teil des Parks, der im Mai fertig geworden ist, nicht vorkommen, aber wer weiß, vielleicht taucht er ja noch im restlichen Gebiet auf. Um auf diese gefährdete Art aufmerksam zu machen, ist der Käfer im Logo des Parks fest verankert.
Vielleicht verschlägt es euch ja einmal in diese Gegend und ihr seht euch den Park selbst an, für eine angenehme Pause ist er perfekt geeignet. Ihr könnt euch ja noch ein paar Fotos dazu ansehen…
Ich war auch schon da (2020 dank einer Einladung zu einer Yoga-Stunde im Pajar): ein echt toller Park, den sie da in La Matanza gestaltet haben und noch um das Doppelte ausbauen wollen! Danke, Ingrid, für deine ausführliche Beschreibung.
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gern geschehen Verena 🙂 danke für deinen Kommentar und ein schönes Wochenende für dich!
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Tolle Beschreibung und schöne Fotos. Vorgemerkt
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gern geschehen 🙂
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