Icod de los Vinos, Freitag 22. September 2017
In unserem kleinen Städtchen wächst der älteste Drachenbaum, Dracaena draco canariensis, des Kanarischen Archipels. El Drago milenario, der prominenteste Drago der Kanaren steht in Icod de los Vinos, im nördlichen Teil von Teneriffa. Das Urgewächs ist eines der Wahrzeichen der Insel und seit 1917 steht er unter Naturschutz.
Sein Stammdurchmesser ist mittlerweile fast zwanzig Meter und die Höhe wird mit siebzehn Metern angegeben. Wenn man die Haut des Baumes anritzt, quillt ein blutroter Saft an die Oberfläche und deshalb wurde die Flüssigkeit schon von den Ureinwohnern Drachenblut genannt. Für die Guanchen war der Drachenbaum ein wichtiges Gewächs, das auch in der Medizin eine wichtige Rolle spielte. Auch zur Mumifizierung der Toten wurde der kostbare Saft verwendet. Aber darum geht es heute nicht!
Ob der Drachenbaum von Icod de los Vinos wirklich der älteste seiner Art ist? Ich bin mir da nicht so sicher, aber es klingt ganz gut. “Bei dem Drachenbaum von Icod de Los Vinos handelt es sich um das größte und älteste noch vorhandene Exemplar dieser Pflanzenart, die aus dem Tertiär stammt”, erklären Wissenschaftler vom Institut für Modellstatik der Uni Stuttgart. Sie müssten es eigentlich wissen, denn sie haben den alten Drago auf Herz und Nieren geprüft und dafür gesorgt, dass er nicht umfällt.
So ist das Leben, auch ein Drachenbaum bekommt im Alter seine Wehwechen oder besser gesagt einen hohlen Stamm und das gefährdet seine Gesundheit und sein Leben. Um die starke Vermehrung von Schimmelpilzen zu verhindern, wurde 1985 in seinem Hohlraum ein Ventilator angebracht und ein paar Jahre später verlegten die Gemeindeväter vorsichtshalber auch die Straße, die nur wenige Meter vom Drago entfernt um die Stadt führte. Sicher ist sicher!
Seit 1985 wird er übrigens auch durch ein besonderes mechanisches System geschützt. Es handelt sich dabei um eine spezielle Messstation im Inneren des Baumes, die täglich exakte Informationen über Temperatur und Feuchtigkeit liefert. Sobald irgendwelche Unregelmäßigkeiten auftauchen, werden beide Faktoren reguliert. Dieses System funktioniert wunderbar und wie man sieht, fühlt sich der Drago milenario pudelwohl.
Wie viele Jahre der imposante Baum tatsächlich auf dem Buckel hat, können selbst die schlauesten Experten nur schätzen. Sind es vierhundert oder doch sechshundert Jahre? Die Zahlen schwanken, denn der Drago hat keine Jahresringe zum Nachzählen. Warum das nicht funktioniert? Ganz einfach der berühmte Baum ist gar kein Baum sondern ein Liliengewächs – wobei sich die Wissenschaftler inzwischen darüber streiten, ob er nicht doch zur Familie der Agaven gehört.
Mir ist es im Grunde genommen egal, in welche Gruppe ihn die Botaniker einordnen, die entfernten Verwandten unseres Dragos wachsen in Südamerika und in Südostasien und zur engen Familie zählen nur seine Geschwister aus Makaronesien, also den Azoren, Madeira, den Kapverden und natürlichen der Kanarischen Inseln. Dieses Wissen reicht mir selbst vollkommen.
Die Gemeindeväter der kleinen Weinstadt sind vor Jahren aber so schlau gewesen und haben das urige Gewächs ins Guinness Buch der Rekorde eintragen lassen. Die Geschichte vom tausendjährigen Alter stimmt trotzdem mit Sicherheit nicht, auch wenn er von der Bevölkerung weiterhin stolz Drago milenario, also tausendjähriger Drachenbaum genannt wird.
Eine gewisse Mystik umgibt den Drago wahrscheinlich durch sein langsames Wachstum. Er lässt sich einfach wahnsinnig viel Zeit und verwandelt sich erst nach einigen Generationen von uns Menschen in ein uriges Gewächs und wirkt durch seine silberne Rinde uralt. Aus diesem Grund hat sich sogar Humboldt gleich um ein paar tausend Jahre geirrt und der tausendjährige Drachenbaum von Icod mußte anständig Federn lassen. Statt der von Humboldt geschätzten dreitausend Jahre verjüngte er sich erst auf noch immer stattliche eintausend Jahre und nach heutigem Wissensstand gar nur auf ungefähr vierhundertfünfzig Jahre.
Der Drachenbaum von Icod de los Vinos ist aber trotzdem der berühmteste und schönste alte Drachenbaum der Kanarischen Inseln. Er ist siebzehn Meter hoch und der Stamm hat an der dicksten Stelle einen Umfang von zwanzig Metern. Seine riesige Baumkrone hat allein ein Gewicht von ungefähr achtzig Tonnen und sein Gesamtgewicht – ohne Wurzeln – wird auf über hundertvierzig Tonnen geschätzt!
Drachenbäume blühen ja nur ungefähr alle vierzehn Jahre, doch das Exemplar in Icod de los Vinos schlägt etwas aus der Reihe und zeigt seine Blütenpracht häufiger. Bei seiner vollen Blüte im Jahr 2007 wurden über tausendachthundert blühende Zweige gezählt. Das ist eine schöne Mengen und die Früchte brachten gewichtige dreieinhalb Tonnen auf die Waage. Bis aus den Blüten Früchte werden, dauert es einige Monate, doch dann sieht der Drago wunderschön aus. Seine grüne Krone ist über und über mit orangeroten Kügelchen bedeckt. Aus den Blüten haben sich farbenprächtige, fleischige Früchte, die ein wenig an Beeren erinnern, entwickelt. Unter dieser Last hat das alte Gewächs ganz schön gestöhnt, das könnt ihr mir glauben.
Die Blütezeit ist gleichzeitig auch der Höhepunkt eines Zykluses, denn immer wenn die Blütezeit vorbei ist, beginnt der Baum neue Äste zu bilden und seinen Stamm zu verstärken. Das heißt, Wachstum ist angesagt.
Um die meisten alten Drachenbäume ranken sich viele Legenden und wahrscheinlich sind die Dragos gerade deshalb so interessant. Der Drachenbaum soll, der Legende nach, schon im Paradiesgarten der Hesperiden gewachsen sein. Seine Früchte sollen damals das ewige Leben geschenkt haben.
Um den tausendjährigen Drachenbaum ranken sich nicht nur mystische Legenden, die alten Bauern von Icod machen an seinem Blütenstand auch die Wetterlage im Winter fest. Sie sagen: „Wenn nur die nach Süden orientierten Äste blühen, wird es viel an der Küste regnen. Blühen jedoch die nördlichen Äste, wird es nur in den Bergen Regen geben. Und wenn der ganze Baum blüht, wird die gesamte Landwirtschaft reich mit Regen bedacht.“
Über die Drachenbäume der Insel gibt es noch mehr Geschichten – also bleibt neugierig! Hier sind noch ein paar alte Postkarten, die ich im Internet gefunden habe …
•*¨*•❥ Die Drachen und Teneriffa
•*¨*•❥ Teneriffa und die Drachenbäume
•*¨*•❥ Drachenbäume in Los Realejos
Pingback: Teneriffa und die Drachenbäume | Teneriffa – InselLEBEN einmal anders …
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Heute hab ich wieder was gelernt, danke. Wie interessant Geschichten sind und was sie bewirken können – ist das nicht schön? Bei uns rinnt das 1000jährige Maibachl wieder wie verrückt. Na ja, nach soooo viel Regen wundert das niemanden. Ich huck jetzt wieder jeden Tag drin, denn die Außentemperaturen sind noch super!!!
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Ein schöner Bericht! Ich habe ihn auch schon mehrfach bewundert, doch noch nie in Blüte gesehen.
LG Anna-Lena
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zur Zeit haben einige Drachenbäume noch Blüten, aber noch schöner sehen sie aus, wenn sich die Früchte ganz orange verfärben … Vielleicht siehst du ja selbst einmal einen?!
Liebe Grüße Ingrid
P.S.: wo bist du denn zu Hause?
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Vielen Dank für diesen tollen Artikel – ich habe ihn auf dem Bilder Blog und Siebeninseln rebloggt. Danke dafür.
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danke für’s Teilen und ganz liebe Grüße aus Icod 😘
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danke dir 🙂 Tut mir leid, dass ich mich nicht eher gemeldet habe, aber zur Zeit rennt mir die Zeit davon … Liebe Grüße an die Küste!
Ingrid
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Hat dies auf Bilder Blog rebloggt und kommentierte:
Ein wunderschöner Artikel von Ingrid/Artlandya über den „tausendjährigen“ Drachenbaum aus Icod de los Vinos auf Teneriffa. Vielen Dank dafür.
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gern geschehen 🙂 Liebe Grüße Ingrid
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Richtig spannend 🙂
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Beeinbdruckend 👍
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